Im Zusammenhang mit der Räumung eines Protestcamps in der Wiener Lobau dürfte es am vergangenen Dienstag zu einem Polizeiübergriff gekommen sein. Auf einem Video, das die Aktivistinnen und Aktivisten von "LobauBleibt" am Donnerstag öffentlich machten, ist zu sehen, wie mehrere Beamte einen jungen Burschen von einem Bagger ziehen, der sich mit den Füßen festzukrallen versucht. Plötzlich versetzt ein Beamter dem jungen Mann einen – deutlich sichtbaren – Fußtritt.
Dieser verliert darauf das Gleichgewicht, fällt vom Bagger und wird von unter bzw. vor dem Bagger befindlichen Beamten "aufgefangen". Der Betroffene sei nicht nur ungesichert vom Bagger gezerrt worden, man habe ihn obendrein "mit einem Fußtritt aus über zwei Metern Höhe hinuntergestoßen", hielten die Aktivistinnen und Aktivisten in einer Aussendung fest. Der junge Mann sei "aus purem Glück" unverletzt geblieben.
Der zutretende Polizist habe "einfach die Geduld verloren", stellte "LobauBleibt"-Sprecherin Anna Kontriner im Gespräch mit der APA fest. Bei dem Betroffenen handle es sich um einen jungen Mann Anfang 20. "Es war unfassbar, diese Szene zu beobachten. Nachdem die Person am Boden gelandet und nicht mehr aufgestanden ist, wollte ich zu ihr hin, aber das Gelände war abgeriegelt und von Polizistinnen und Polizisten umstellt", meinte Kontriner.
Der junge Mann war nach dem Vorfall von der Polizei weggebracht und wegen Verwaltungsübertretungen – er hatte seine Identität nicht bekannt gegeben – bis Mittwochnachmittag im Polizeianhaltezentrum (PAZ) angehalten worden. Derzeit wird seitens "LobauBleibt" das weitere Vorgehen abgeklärt. Ob der Fall zur Anzeige gebracht wird, hängt von der Zustimmung des in Mitleidenschaft gezogenen Aktivisten ab.
Seitens der Wiener Polizei stand eine Reaktion aus. Eine um 12.30 Uhr von der Landespolizeidirektion erbetene Stellungnahme blieb bisher unbeantwortet.
Bereits am 19. Februar soll ein anderer Polizeibeamter mit Gewalt gegen einen Lobau-Aktivisten vorgegangen sein, der sich bei der ersten Räumung eines Camps an einen Baum gekettet hatte und schließlich weg- und ins PAZ gebracht wurde, wo er seine Identität nicht preisgeben wollte. Er widersetzte sich, als im PAZ Lichtbilder von ihm angefertigt werden sollten, indem er sich auf einer Bank sitzend einrollte, sodass sein Gesicht nicht erkennbar war. Darauf soll man den Aktivisten von der Bank auf den Boden gezerrt haben, wo er sich weiter einrollte – und dann soll ihm einer der Polizisten mit dem Knie einen Stoß in den Rücken versetzt haben.
Bei dem Aktivisten wurde später eine gebrochene Rippe festgestellt. Wie sein Rechtsvertreter Clemens Lahner am Donnerstag gegenüber der APA bekräftigte, gibt es dazu ein staatsanwaltschaftliches Ermittlungsverfahren, nachdem die Amtsärztin im PAZ den Rippenbruch bestätigt und der Betroffene angegeben hatte, dieser sei ihm durch einen Beamten zugefügt worden. Zusätzlich hat Lahner beim Verwaltungsgericht Wien eine Maßnahmenbeschwerde gegen das in seinen Augen mehrfach rechtswidrige Polizeivorgehen eingebracht.