Im Zusammenhang mit der am Dienstag vorgenommenen Räumung eines Protestcamps gegen die geplante Stadtstraße in Wien-Donaustadt soll es nach der offiziellen Räumung zu gefährlichen Szenen gekommen sein. Aktivistinnen und Aktivisten hatten im Anschluss auf einer nahe gelegenen Wiese in der Anfanggasse mehrere Baumaschinen besetzt. "Sie wurden von Polizeibeamten einfach heruntergezerrt. Ohne jede Sicherung", berichtete "LobauBleibt"-Sprecherin Anna Kontriner der APA.
Reporter ohne Grenzen (RSF) übte indes scharfe Kritik an der Asfinag, die Securitys abgestellt hatte, die Medienvertreter am Betreten des Geländes jenseits eines von der Polizei festgelegten Medientreffpunkts hinderten, was zumindest eine Sicht auf das von der Polizei abgeriegelte Protestcamp möglich gemacht hätte. Medienvertretern müsse grundsätzlich "freier Zugang" zum Gegenstand ihrer Berichterstattung möglich sein, betonte RSF-Präsident Fritz Hausjell am Mittwoch im Gespräch mit der APA: "Die Polizei hat da die entsprechende Routine. Demgegenüber hat die Asfinag offensichtlich noch einige Lektionen in puncto Gewährleistung der Medienfreiheit vor sich."
Asfinag weist Vorwürfe von sich
Gegenüber der APA hatte die Asfinag am Dienstag ihre Vorgangsweise damit begründet, in der Nähe des Medientreffpunkts der Polizei befinde sich ein Baubüro mit kritischer Infrastruktur. Diese habe man "beschützt". Für Hausjell handelt es sich dabei um eine "hochproblematische Unterstellung". Es sei "nicht nachvollziehbar", wenn die Asfinag davon ausgehe, Journalisten würden kritische Infrastruktur gefährden.
Die Asfinag ließ die Kritik von Reporter ohne Grenzen nicht gelten. Wie eine Sprecherin der APA erklärte, sei der vom Camp räumlich und sichttechnisch abgetrennte Medientreffpunkt gemeinsam mit der Polizei ausgewählt worden, um einen "gesammelten Platz für Interviews" zur Verfügung zu stellen. "Wir wollten vermeiden, dass Unklarheit herrscht, wo kriegen wir einen O-Ton her", sagte die Sprecherin. Die Securitys hätten sich nur in diesem Bereich befunden, nicht aber am oder beim Camp: "Wie weit die Polizei Leute vorlässt, liegt nicht in unserem Ermessen." Die Asfinag habe verhindern wollen, dass ortsunkundige Journalisten "im ausufernd großen Gelände" die Orientierung verlieren: "Das hätte mehr Chaos verursacht."
Aktivisten "unsicher von Bagger gezerrt"
Was die polizeiliche Räumung betrifft, hielten die Aktivistinnen und Aktivisten fest, die Räumung des Camps sei von geschulten Spezialkräften der Polizei vorgenommen worden. Später hätten jedoch in der Anfanggasse "gewöhnliche Beamte" Protestierende aus einer Höhe von zwei Metern ungesichert von einem Bagger gezogen, meinte"LobauBleibt"-Sprecherin Kontriner. "Ob es Verletzte gegeben hat, wissen wir nicht", hielt sie fest. 34 bis 38 vorläufig festgenommene Aktivistinnen und Aktivisten hätten die Nacht im Polizeianhaltezentrum (PAZ) verbracht. Der Großteil davon wurde am Mittwochvormittag noch angehalten, laut Polizei sollten jedoch im Verlauf des Tages alle auf freien Fuß kommen.
Dem Verwaltungsstrafrecht zufolge dürfen Personen, die auf frischer Tat bei einer Verwaltungsübertretung – im gegenständlichen Fall: der Teilnahme an einer aufgelösten Versammlung – angehalten werden, zum Zweck ihrer Vorführung vor die Behörde festgenommen werden, wenn sie dem Polizeiorgan unbekannt sind, sich nicht ausweisen und die Identität auch sonst nicht sofort feststellbar ist. Die vorläufige Festnahme ist erlaubt, wenn der Betretene trotz Abmahnung "in der Fortsetzung der strafbaren Handlung verharrt oder sie zu wiederholen sucht", wie es im Verwaltungsstrafgesetz (VStG) heißt. Die Anhaltung darf allerdings "keinesfalls länger als 24 Stunden dauern", normiert § 36 Absatz 1 VStG.
Polizei weist Kritik an Pressearbeit zurück
Laut Polizei gab es am Dienstag am Ende 33 Festnahmen und 39 Anzeigen – allesamt wegen Verwaltungsdelikten. Von den Festgenommenen befanden sich am Mittwoch zu Mittag noch rund zehn Personen in Polizeigewahrsam. Aber auch diese würden vor Ablauf der 24-Stunden-Frist entlassen, hieß es.
Geäußerte Kritik an der Pressearbeit wies die Polizei zurück. Allen Journalisten und Journalistinnen, die beim eingerichteten Medienzentrum angefragt hatten, wurde es demnach ermöglicht, in Begleitung eines Pressesprechers in einen inneren Bereich der Räumung zu gelangen, wie es gegenüber der APA hieß.