In Salzburg hat sich am Montag eine 49-jährige Altenpflegerin wegen Verharmlosung des NS-Völkermordes und wegen Verhetzung vor einem Geschworenengericht verantworten müssen. Die Frau hatte im Oktober 2021 in der "ORF Salzburg"-Radiosendung "Mittagszeit" angerufen, ein mehr als dubioses Geschichtsbild kundgetan und antisemitische Vorurteile bedient. Sie wurde – bereits rechtskräftig – zu einem Jahr Haft auf Bewährung verurteilt.
Die Angeklagte sagte live auf Sendung, dass nach dem Krieg "die ganzen Geschichtsbücher" verbrannt wurden und nicht stimme, was Schüler heute im Geschichtsunterricht lernen: "Das ist ein Wahnsinn und hat mit der Wahrheit gar nichts zu tun." Sie leugnete die Existenz des Konzentrationslagers Mauthausen und die Judenverfolgung und bezog sich dabei auf Gespräche mit "vielen sehr alten Leuten". Ein Hörer der Diskussionssendung zeigte die Anruferin darauf an.
Staatsanwalt Marcus Neher legte der Frau heute im Prozess den 1992 ins Verbotsgesetz eingefügten Paragrafen 3h zur Last. Bestraft werde, wer öffentlich den nationalsozialistischen Völkermord oder andere nationalsozialistische Verbrechen gegen die Menschlichkeit leugnet, gröblich verharmlost, gutheißt oder zu rechtfertigen sucht. "Auf die Gesinnung des Täters kommt es dabei nicht an", sagte der Ankläger. "Ich muss kein Nazi sein, um nach dem Verbotsgesetz haftbar zu werden", meinte Neher. Und weiter: "Alles, was über die Lippen kommt, war vorher einmal im Kopf."
Verteidiger Manfred Seidl erklärte, seine Mandantin werde sich schuldig bekennen. Die Frau sei aber kein Mitglied der radikalen rechten Szene und hege auch kein Gedankengut in diese Richtung. "Sie ist einfach nur eine Altenpflegerin, die mit der negativen Geschichte nichts zu tun haben will." Die 49-Jährige habe damals im Radio angerufen, weil sie nicht verstehen konnte, wie man sich in Zeiten der Pandemie mit der Umbenennung von Straßen beschäftigte, während in ihrem Heim alte Menschen isoliert wurden und Bewohner starben.
"Sie hat auch nicht nachgedacht, dass es strafbar sein kann, gegenüber einer bestimmten Religionsgruppe eine negative Äußerung zu tätigen. Das war nur emotionaler Frustrationsabbau", so Seidl. "Uns wurden Prämien versprochen, aber wir haben nichts bekommen", berichtete die Angeklagte selbst. Die bisher unbescholtene, heute phasenweise völlig aufgelöste Frau gab sich auf Fragen des Gerichts (Vorsitzende: Anna-Sophia Geisselhofer) allerdings recht wortkarg, wenn es um das Warum ihres Anrufs ging oder woher ihre Vorurteile Juden gegenüber stammen.
"Ich kann es nicht erklären, es ist irgendwie herausgesprungen", sagte sie. Sie habe sich damals in einer Ausnahmesituation befunden. "Ich war überlastet, habe nur gearbeitet." Sie habe nachgeplappert, was ihr – mittlerweile verstorbene – Bewohner im Heim erzählt hätten. Auch den Begriff "Holoclaust" (sic!) habe sie bis zu ihrer Vernehmung durch die Polizei nicht gekannt. Sie habe zwar in der Hauptschule einmal das KZ Mauthausen besucht. "Ich habe mitfahren müssen, bin aber nicht hineingegangen, weil ich mit Krieg nichts zu tun haben wollte."
Das Geschworenengericht sprach die Frau schuldig im Sinne der Anklage und verurteilte sie zu einem Jahr Haft auf Bewährung. Da sowohl die Verurteilte als auch der Staatsanwalt das Urteil akzeptierten, ist es bereits rechtskräftig.