26 Frauen kamen im Vorjahr durch Gewalttaten ums Leben. "Das sind furchtbare Verbrechen an Frauen", betonte Innenminister Gerhard Karner heute bei einer Pressekonferenz zum Thema "Gewaltschutz". Und er appellierte an die Gesellschaft, dass das auch so bezeichnet werden soll. "Das sind Morde und nicht Beziehungstaten."
Dazu kamen mehr als 13.600 im Vorjahr verhängte Betretungs- und Annäherungsverbote, was einem Anstieg um 17 Prozent entspricht. Laut Karner ist die Dunkelziffer jedoch zurückgegangen. "Bei den Morden gab es nur ein Annäherungsverbot vor der Tat."
Was wurde getan?
25 Millionen Euro wurden im Vorjahr für das größte Gewaltschutzpaket bisher in Österreich budgetiert, Stellen für Gewaltprävention wurden ausgebaut, es gibt seit September verpflichtende Gespräche, die Täter absolvieren müssen. Die Zahl der Präventionsbeamten bei der Exekutive wurde von 500 auf 842 erhöht, Fallkonferenzen von Experten mit der Polizei sind von 25 auf 57 gestiegen. Auch die Informationskampagne wurde fortgesetzt.
Damit gibt sich die Regierung, die intensiv und ressortübergreifend an der Thematik arbeitet, aber nicht zufrieden. Es sollen bereits in den nächsten Monaten die nächsten Schritte gesetzt werden.
Was ist geplant?
Mit 1. März wird ein stiller Notrufeingerichtet. Das ist eine Notrufapp unter 133, sie funktioniert mit einfachem Knopfdruck, ohne dass die Polizei einen Rückruf machen muss. Polizei rückt automatisch aus. Der Angreifer erfährt nicht, dass sein Opfer Hilfe geholt hat.
Außerdem wird das Gewaltschutzgesetz evaluiert, zahlenmäßig und qualitativ. Fallkonferenzen und Wegweisungen werden besonders analysiert.
Die Einrichtung von eigenen Unterstützungsbeamten wird in den nächsten Monaten bundesweit ausgerollt. Seit Sommer läuft ein Pilotprojekt in Wien. Besonders geschulte Beamte unterstützen dabei die Beamten draußen vor Ort, wenn es beim Einsatz um Gewalt in der Familie geht.
Vor allem sollen auch Gewaltambulanzen eingerichtet werden, damit Verletzungen gleich dokumentiert werden können. "Das kann später bei Verfahren verwendet werden, auch wenn vorerst keine Anzeige vom Opfer erstattet wird", betonte Justizministerin Alma Zadić. "Die steigende Gewalt gegen Frauen macht betroffen und wütend. Wir wollen alles in unserer Macht Stehende tun, um Frauen und Mädchen zu schützen. Dazu müssen tagtäglich kleine Schritte gemacht werden, um dem nahekommen. Es gibt nicht die eine Schraube, an der man drehen kann."
Verurteilungsrate soll höher werden
Vom Justizministerium wurde laut Ministerin bereits vieles getan, um die Verurteilungsquote zu erhöhen. Es wurde ein Gewaltschutzerlass an die Gerichte erbracht, Staatsanwaltschaften wurden angewiesen, unmittelbare Befragungen durchzuführen. Die Zahl der Fallkonferenzen soll auch seitens der Staatsanwaltschaften erhöht werden. Es gibt eine Checkliste für Journaldienste und Wochenenddienste bei Gericht, da Gewalt nicht nur unter der Woche passiert. Die Verurteilungsrate sei nämlich in Österreich noch immer viel zu niedrig.
Derzeit nehmen auch nur 20 Prozent der anspruchsberechtigten Opfer eine Prozessbegleitung in Anspruch. "Mir wäre es am liebsten, wenn es jede Frau tun würde", so Zadić. Deshalb startet demnächst eine Informationskampagne dazu.
Große Studie zu Frauenmorden
Ein Schwerpunkt im laufenden Jahr soll auch der Schutz von Frauen mit Migrationshintergrund sein, erklärte Frauen- und Familienministerin Susanne Raab. Die Bekanntmachung der Gewaltschutzeinrichtungen soll verstärkt werden, damit jede Frau weiß, wohin sie sich wenden kann.
Die Fachberatungsstellen für sexuelle Gewalt werden heuer gestärkt, eine neue Koordinierungsstelle gegen Genitalverstümmelung nahm diese Woche bereits ihre Tätigkeit auf. "Gewalt gegen Frauen und Mädchen hat in unserer Gesellschaft keinen Platz", betonte Raab. Gewaltschutzzentren sollen deshalb auch finanziell gestärkt werden.
2020 wurden 19.525 Klientinnen beraten, 2021 stiegen die Beratungen bereits auf 20.748. "Das Frauenbudget wurde um über 80 Prozent erhöht, ein großer Teil davon geht in den Gewaltschutz." Auch eine gemeinsame Studie der Ministerien wurde in Auftrag gegeben, um die Frauenmorde der letzten 10 Jahre zu analysieren. Diese soll im Laufe des Jahres fertig sind – danach wird neuerlich evaluiert, sollen weitere Schritte gesetzt werden.
Daniele Marcher