Im Zusammenhang mit der Beschaffung von fehlerhaften FFP2-Schutzmasken für den medizinischen Bereich im Jahr 2020 wird in Österreich ein eigenes Inlandsstrafverfahren geführt. Gegen drei namentlich bekannte Beschuldigte und zwei Verbände wird vonseiten der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) wegen des Verdachts des schweren Betruges zum Nachteil der Republik Österreich ermittelt. Der Schaden könnte sich auf 15,6 Millionen Euro belaufen.
Wie die Behörde am Donnerstag bekannt gab, wurde im März 2020 ein Vertrag zwischen der Republik Österreich mit einer GmbH geschlossen, um diese Schutzmasken zu beschaffen. Diese Firma bestellte das Schutzmaterial wiederum bei einem anderen Unternehmen, das die Masken nach Österreich importierte. Die dann gelieferten Schutzmasken entsprachen aber laut WKStA überwiegend nicht den geforderten und vereinbarten Qualitätsstandards und waren vor allem nicht für den medizinischen Bereich einsetzbar. Deshalb wurden in Österreich Ermittlungen eingeleitet.
Mehrere Hausdurchsuchungen
Anfang dieser Woche wurden dann nach richterlicher Bewilligung von der WKStA Hausdurchsuchungen an Unternehmensstandorten in Salzburg und in Wien angeordnet und durch Beamtinnen und Beamte der jeweiligen Landeskriminalämter vollzogen. Nähere Angaben zu beschuldigten Personen oder Verbänden bzw. zu einzelnen weiteren Ermittlungsmaßnahmen wollte die WStA im Hinblick auf die laufenden Ermittlungen nicht machen.
Laut Medien wie dem „Standard“ und den Südtiroler „Dolomiten“ soll es sich bei den beiden Unternehmen jedoch um den Sitz der Südtiroler Firma Oberalp in Salzburg, die die Masken importierten, sowie um eine Einkaufstochter des Österreichischen Roten Kreuzes (ÖRK) in Wien handeln. Die Geschäftsführer der ÖRK Einkauf und Service GmbH werden allerdings als Zeugen geführt.
Rotes Kreuz: Bei der Bestellung getäuscht
„Die humanitäre Hilfsorganisation unterstützt als Zeuge bei Ermittlungen zur Corona-Maskenbeschaffung und ist an voller Aufklärung interessiert“, gab das Rote Kreuz auf APA-Anfrage bekannt. Das Rote Kreuz habe „durch seine gesetzlich verankerte Rolle, den Behörden in Krisen-Zeiten beizustehen, während der Corona-Pandemie auf Bitte der Republik vorübergehend die Beschaffung von Schutzmaterial im Namen des Bundes übernommen. Nach Maskenbestellungen bei der Südtiroler Firma Oberalp AG machten Qualitätsmängel der Ware Probleme.“
Das Rote Kreuz bestätigte die Hausdurchsuchung am Dienstag bei der ÖRK Einkauf und Service GmbH in Wien. In einer Stellungnahme heißt es, dass die Behörden die Oberalp AG und deren Geschäftsführung wegen des Vorwurfs, die Republik Österreich und auch die ÖRK-Tochterfirma bei der Bestellung mangelhafter Masken getäuscht zu haben. „Das Rote Kreuz ist an einer raschen Aufklärung interessiert und hat bereits in der Vergangenheit umfassende Informationen geliefert. Die Ermittlungen, die zur Hausdurchsuchung geführt haben, richten sich gegen die Oberalp AG, nicht gegen das Rote Kreuz oder dessen Tochtergesellschaft.“ Das Unternehmen Oberalp hat auf APA-Anfrage noch keine Stellung abgegeben.
Verdacht des schweren Betrugs gegen 30 Personen
Die Ermittlungen begannen zunächst in Italien. Die Masken wurden im Auftrag des Landes Südtirol und auf Vermittlung der Südtiroler Firma Oberalp hin aus China importiert. Da die Masken auch für Österreich bestimmt waren, wird nun das Inlandsermittlungsverfahren geführt. Zudem ermittelt die Bozner Staatsanwaltschaft wegen des Verdachts des schweren Betruges gegen insgesamt 30 Personen, darunter den Südtiroler Landeshauptmann Arno Kompatscher (SVP).