Die Staatsanwaltschaft Wien hat die Eltern eines kleinen Mädchens wegen Mordes angeklagt, das im vorigen Sommer auf der Intensivstation eines Spitals gestorben ist. Der Vater soll das im vorangegangen März zur Welt gekommene Baby wiederholt derart heftig geschüttelt haben, dass tödliche Verletzungen die Folge waren. Der Mutter wird Mord durch Unterlassung vorgeworfen - sie soll die Übergriffe mitbekommen und nichts dagegen unternommen haben. Das Mädchen wurde zehn Wochen alt.

In zwei Wochen müssen sich nun der 32-jährige Mann und seine 23-jährige Ex-Partnerin - die beiden haben sich inzwischen getrennt - vor Geschworenen am Wiener Landesgericht verantworten. Die Hauptverhandlung, zu der mehrere Sachverständige geladen sind, wurde auf zwei Tage anberaumt. Sie beginnt am 19. Jänner, die Urteile sollen am 24. Jänner fallen, teilte Gerichtssprecherin Christina Salzborn mit. Die Angeklagten befinden sich seit Mitte Juni in U-Haft.

Ihre Tochter hatte am 26. März das Licht der Welt erblickt. Bereits im April soll der Vater laut Anklage das Baby erstmals misshandelt haben, als das Kind zu schreien begann und nicht zu beruhigen war. Zumindest zwei weitere massive Gewalttätigkeiten soll er danach gesetzt haben, die letzte am 4. Juni, als er seine zweieinhalb Monate alte Tochter mehrfach geschüttelt haben soll, um sie "ruhig zu stellen". Die Mutter soll dabei anwesend gewesen und nicht eingeschritten sein. Danach musste das Kleinkind mit lebensbedrohlichen Verletzungen in einem Hubschrauber in ein Spital geflogen werden. Die behandelnden Ärzte schalteten die Polizei ein, die in einer Wohnung in Liesing gemeldeten Eltern wurden festgenommen.

Schütteltrauma

Trotz aller ärztlichen Bemühungen erlag das Baby am 12. Juni den schweren Verletzungen. Die Obduktion ergab, dass Blutungen im Bereich der Hirnwand aufgetreten waren - laut gerichtsmedizinischem Gutachten typische Anzeichen, die auf ein Schütteltrauma hindeuten. Todesursächlich war der fachärztlichen Expertise zufolge eine Sauerstoffunterversorgung des Hirns. Der kleine Körper wies auch Brüche an beiden Oberschenkeln und eine Netzhautverletzung an einem Auge auf.

Der Wiener Kinder- und Jugendhilfe (MA 11) waren die Eltern bekannt. Es gab Hausbesuche, der Mutter wurde auch eine Hebamme beigegeben, weil die 23-Jährige offenbar den Eindruck machte, Unterstützung zu benötigen. Es gab auch Beratungen zu Themen rund um die Geburt und in finanziellen Fragen, da dem Paar die Delogierung drohte. Der Vater soll keiner regelmäßigen Beschäftigung nachgegangen sein, dafür verstärkt dem Alkohol zugesprochen haben. Neben der Hebamme waren auch Sozialarbeiter und Sozialpädagogen in die Betreuung der Familie eingebunden. Hinweise auf eine akute Gefährdung des Kindes lagen nach Dafürhalten der MA 11 nicht vor.

Geistig abnorm

Der Behörde dürfte allerdings entgangen sein, dass der Vater eine auffällige Persönlichkeitsstruktur aufweist. Ein von der Justiz beigezogener psychiatrischer Sachverständiger hat im Rahmen des staatsanwaltschaftlichen Ermittlungsverfahrens den 32-Jährigen begutachtet und kam zum Schluss, dass dieser zwar zurechnungsfähig ist, aber eine höhergradige geistig-seelische Abnormität aufweist. Dem Gutachter zufolge geht von dem Mann eine Gefahr aus, die befürchten lässt, dass er ohne therapeutische Maßnahmen wieder Straftaten mit schweren Folgen setzen könnte. Die Staatsanwaltschaft hat auf Basis dieser Ausführungen im Fall einer Verurteilung des Vaters dessen zusätzliche Einweisung in eine Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher beantragt.