Am Samstag haben sich in der Wiener Innenstadt wieder Gegner der Corona-Maßnahmen formiert. Laut Polizeiangaben tummelten sich  zunächst zwischen 15.000 und 20.000 Teilnehmer rund um die Kundgebung am Heldenplatz, zu der auch die FPÖ aufgerufen hatte. Viel war die Rede von "Freiheit" und "Widerstand". Um 16 Uhr korrigierte die Polizei die Teilnehmeranzahl und sprach von rund 44.000 Demonstranten. 

FPÖ-Chef Herbert Kickl sprach in seiner Rede unter anderem von erfreulicher "Kampfeskraft gegen ein Regime, das jeden Tag narrischer wird". Kickl hofft darauf, dass die Regierung demnächst "vor die Hunde geht" und versprach "aus dem Souverän nicht Knechte machen zu lassen". Er lege seine Rolle "offensiv an". "Bleibt standhaft in eurem Widerstand", so Kickl zu den Demonstranten - "Ihr habt recht und die anderen haben unrecht".

"Was ist denn ein unbegrenzter Lockdown für Ungeimpfte als ein Anschlag auf die Menschlichkeit". Der Regierung gefalle es, "wenn sie euch quälen können". Kickl replizierte auch auf Kritik von Landwirtschaftsministerin Elisabeth Köstinger (ÖVP) "Wer mir ausrichtet, dass ich Blut an den Händen habe, dem richte ich aus, dass er nur Mist im Kopf hat". Nicht wer geimpft oder ungeimpft sei, sei böse, sondern "eine Regierung, die ein Apartheid-Regime errichten wolle". Kickl mache deutlich, "dass er den Ernst der Lage nach wie vor nicht verstanden hat und lieber das Trennende vor das Gemeinsame stellt", konterte ÖVP-Generalsekretärin Gabriela Schwarz per Aussendung.

Laut Polizeiangaben tummelten sich zwischen 15.000 und 20.000 Teilnehmer rund um die Kundgebung am Heldenplatz.
Laut Polizeiangaben tummelten sich zwischen 15.000 und 20.000 Teilnehmer rund um die Kundgebung am Heldenplatz. © (c) APA/FLORIAN WIESER (FLORIAN WIESER)

Festnahmen und Anzeigen

Einmal mehr wurde die Masken-Tragepflicht weitgehend ignoriert. Zwar gab es Durchsagen der Polizei, in denen auf die Gesetzeslage verwiesen wurde, eingehalten wurden die rechtlichen Bestimmungen von vielen Personen aber nur, wenn Exekutivbeamte in der Nähe waren. Sobald die Polizei nicht mehr zu sehen war, wurde die Maske oft wieder eingesteckt. Eine Rednerin - sie wurde als nun nicht mehr praktizierende Ärztin vorgestellt - verhöhnte die Schutzmaßnahme ganz offen. Man gehöre nicht zu den "Filtertütengläubigen". "Gebt's den Fetzen weg", empfahl sie den Kundgebungs-Teilnehmern.

Laut Polizei wurden Anzeigen wegen der Verwendung von Pyrotechnik und der Missachtung der Maskenpflicht gelegt. Zudem wurde von Festnahmen unter anderem aufgrund des Verbotsgesetzes oder wegen mutmaßlichen versuchten Widerstands gegen die Staatsgewalt berichtet. Am späten Nachmittag lag die Bilanz bei insgesamt vier Festnahmen, wie die Polizei auf APA-Anfrage mitteilte. Störer und Aggressoren würden gezielt angehalten und deren Identität festgestellt, hieß es weiters.

Während des auf die Standkundgebung folgenden Protestzuges um den Ring wurden auch Medienvertreter mit Schneebällen bzw. Eisbrocken beworfen. Die diese Angreifer konnten laut Polizei angehalten werden. In Sozialen Medien wurden auch erneut Meldungen über die Teilnahme rechter Gruppierungen geteilt.

Kritik kam von der SPÖ: "Es ist inakzeptabel, dass die FPÖ auf ihren Demonstrationen Rechtsextreme duldet, die rücksichtslos auf Polizei und Medienvertreter*innen losgehen", meinte SPÖ-Sicherheitssprecher Reinhold Einwallner in einer Aussendung. "Wieder einmal hat sich ein gewaltbereiter Block an die Spitze der FPÖ-Demonstration gesetzt, angestachelt durch Herbert Kickl, der mit seiner aggressiven Rhetorik dieses übergriffige Verhalten legitimiert."

Extreme Redner auf FPÖ-Bühne

Die FPÖ hat mit dieser Demonstration alle Berührungsängste mit extremeren Figuren der Maßnahmengegner-Bewegung abgelegt: Als Vorredner war unter anderem die ehemalige Verteidigungsministeriums-Mitarbeiterin Monika Donner aufgetreten, die in die Menge gefragt hatte: "Wer von euch hat Angst vor dem Tod" und aufgerufen hatte "riskiert eure Jobs, nehmt eure Kinder aus der Schule". Auch der Kärntner Anti-Corona-Aktivist Martin Rutter beteiligte sich an der Demo, "Damit wir endlich wieder spüren, was ein starkes Land und ein starkes Volk ist". Weitere Redner bezeichneten Regierungspolitiker als "Todesengel", die dereinst alle "vor Gericht stehen würden". FPÖ-Generalsekretär Michael Schnedlitz behauptete "Wir sind das Volk".

Der Osttiroler FPÖ-Abgeordnete Gerhard Hauser wiederholte längst von den Autoren widerlegte Behauptungen, eine Harvard-Studie hätte belegt, dass die vorhandenen Covid-Impfungen unwirksam seien.

Anschließend ist ein Protestmarsch am Ring angesetzt.

"Megademo" mit FPÖ

Beworben wurde seit Tagen eine "Megademo für Freiheit gegen Chaos und Zwang". Die von den Blauen organisierte Kundgebung finde in "Zusammenarbeit mit diversen Bürgerbewegungen" statt, teilte die FPÖ mit. Zuletzt hatte die Mitwirkung freiheitlicher Polit-Vertreter für gröberes Aufsehen gesorgt. Die FPÖ-Abgeordnete Dagmar Belakowitsch hatte etwa vergangene Woche bei einem Demo-Auftritt behauptet, es seien "nicht die bösen Ungeimpften", die die Spitäler füllen. "Oh nein, das sind ganz ganz viele Geimpfte, die aufgrund eines Impfschadens behandelt werden müssen", ließ die blaue Mandatarin wissen. Das hatte für massive Kritik gesorgt. Der Wiener Spitälerchef Michael Binder stellte etwa wenig später klar: "Es sind dort keine Patienten, die mit Impfschäden behandelt werden."

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1400 Polizisten im Einsatz

Angemeldet wurden für Samstag bei der Landespolizeidirektion Wien insgesamt 32 Versammlungen, sieben davon wurden allerdings untersagt, eine aufgrund eines Formalfehlers zurückgewiesen. Nicht alle der stattfindenden Zusammenkünfte werden gegen die COVID-Maßnahmen gerichtet sein - die FPÖ-Demo dürfte aber die größte sein. Vergangene Woche waren mehr als 40.000 Menschen in die Wiener Innenstadt gekommen, um gegen Coronamaßnahmen zu demonstrieren.

Um für einen sicheren Ablauf und die Einhaltung der geltenden Covid-Bestimmungen zu sorgen, wird die Wiener Polizei, unterstützt von Polizisten aus den anderen Bundesländern, mit rund 1.400 Beamten im Einsatz sein. Neben Kräften für den Ordnungsdienst und Objektschutz werden auch Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen des Verfassungsschutzes und des Landeskriminalamtes im Einsatz sein, wurde zudem angekündigt.

Die Wiener Polizei stellt am Samstag auch wieder zwei Kontaktbeamte für Medienvertreter und Medienvertreterinnen zur Verfügung. Diese sollen vor allem bei Fällen von Störaktionen gegen die journalistische Arbeit oder auch bei Wahrnehmungen von strafbaren Handlungen kontaktiert werden. Zuletzt war es bei Demonstrationen der Maßnahmengegner immer häufiger zu Übergriffen gekommen. Beamte wurden verletzt, Demonstranten - oft aus dem rechtsextremen Milieu - festgenommen.

Kickl appelliert für friedlichen Ablauf

Kickl hatte vor der Demonstration an die Teilnehmer appelliert, sich friedlich zu verhalten. Entscheidend sei, dass Protestmaßnahmen in geordneten Bahnen und friedlich ablaufen, ließ er im Vorfeld wissen. Zumindest in den Mittagsstunden war dies noch der Fall. Die Szenerie am Heldenplatz entsprach dem inzwischen gewohnten Bild.

Zahlreiche Slogans auf den Transparenten, Tafeln oder Aufklebern widmeten sich der - von den Teilnehmern sichtlich rigoros abgelehnten - Impfpflicht. "Nein zum Impfzwang" war vermutlich am häufigsten zu lesen. Auch die Forderung "Hände weg von unseren Kindern" war sehr präsent. Auf zahlreichen Tafeln und Stickern wurde auch der Rücktritt der Regierung urgiert.