Einen kleinen Rückschlag erlebten die bis zu rund 500 Einsatzkräfte, die seit Tagen den Waldbrand im Gebiet Schneeberg-Rax bekämpfen. In der Nacht loderten die Flammen an einzelnen Brandherden wieder stärker auf. Grund waren Glutnester an der Ostflanke, die durch den Wind angefacht worden waren. Die Feuerwehr legte ihren Einsatzschwerpunkt auf diese Gebiete, die Brandherde werden vom Boden und der Luft aus bekämpft. "Es schaut aber schlimmer aus, als es ist", beruhigte Einsatzleiter Josef Huber bereits Freitagfrüh.
Etwa 200 Helfer hatten laut Huber in der Nacht auf Freitag an Ort und Stelle verharrt. In der Luft sind seit den Morgenstunden wie schon zuletzt acht Hubschrauber von Polizei und Bundesheer. Tagsüber waren wieder bis zu 500 Feuerwehrleute im Brandeinsatz, Verstärkung kommt auch von den Katastrophenhilfszügen aus der Steiermark.
Auch am Nachmittag ist eine "große Anzahl von Einsatzkräften" im Osten zu Werke gegangen, wurde betont. Ziel sei, eine weitere Ausbreitung des Brandes zu verhindern - "und das funktioniert auch", konstatierte Huber. In der Luft waren wie schon zuletzt acht Hubschrauber von Polizei und Bundesheer.
Die Front hält noch
Im Westen, wo an der Höllental-Bundesstraße (B 27) fünf Großtanklöschfahrzeuge positioniert worden waren, die dort als "Verteidigungsfront" den Flammenüberschlag auf die Rax-Seite verhindern sollen, war die Lage verhältnismäßig ruhig. "Es ist alles in Betrieb", man sei gerüstet, "sollte Wind aufkommen".
Ebendiese windigen Verhältnisse waren auch für Freitag prognostiziert worden. Die Vorhersage bewahrheitete sich allerdings bis in die Nachmittagsstunden hinein nicht. "Es herrscht Windstille", zeigte sich Huber erfreut. Entspannung für die Situation könnten Niederschläge bringen. Diese sind aber erst für Montagabend angesagt.
Hinsichtlich der Brandursache geht die Polizei laut Sprecher Johann Baumschlager von einer "fremden Zündquelle" aus. Es werde zahlreichen Hinweisen nachgegangen, hieß es am Freitag. Die Bezirksbrandermittler würden Umfelderhebungen durchführen, etwa auch in umliegenden Hütten.
Tags zuvor zeigte sich bei einem Lokalaugenschein der Kleinen Zeitung in Hirschwang, wie der riesige Löscheinsatz die ganze Region in Atem hält:
Reportage aus dem Einsatzgebiet
Es könnte ein idyllischer Spätherbsttag sein, wenn man vom Preiner Gscheid Richtung Hirschwang an der Rax abbiegt. Was die vermeintliche Idylle jedoch stört, ist das konstante Knattern von Rotoren und Feuerwehrautos, die im Minutentakt mit Blaulicht durch den Ort brausen.
Seit Wochenbeginn kämpfen rund 500 Feuerwehrleute gegen den riesigen Waldbrand im Raxgebiet – "quasi ganz Niederösterreich ist auf den Beinen", wie es eine Hirschwangerin, die sich zur provisorisch eingerichteten Leitstelle begeben hat, auf den Punkt bringt. Immer wieder rasen Feuerwehren von und zu dem Feld, in dem eiligst eine autark agierende Containersiedlung mit Generatoren, eigener mobiler Küche und Toilettenwagen errichtet wurde. Im Hintergrund gehen nahezu sekündlich Helikopter der Polizei und des Bundesheeres nieder, die an den nahe gelegenen sogenannten Absprungplätzen ihre Löschbehältnisse immer wieder aufs Neue auffüllen. Vom Boden aus wird den Piloten mitgeteilt, wo genau sie ihre Wasserladungen abwerfen müssen. "Das ganze System greift wie ein perfektes Uhrwerk ineinander", beschreibt es ein beistehender Feuerwehrmann.
Mehrere Ortsansässige haben sich mittlerweile an der Leitzentrale eingefunden und blicken bedrückt Richtung Gebirge. "Das sind Bilder, die kennt man sonst nur aus Südeuropa", merkt ein älterer Herr an. Und tatsächlich: Die Szenen, die sich in Hirschwang zutragen, verbindet man eher mit heißen Sommern in Griechenland oder Italien. Dass aber auch Österreich zukünftig immer häufiger von solchen Extremereignissen betroffen sein wird, werde allgemein angenommen, so der Leiter der Wiener Magistratsabteilung 49 (Forst- und Landwirtschaft), Andreas Januskovecz, der seit dem ersten Tag vor Ort ist. "Das sind Folgeereignisse des Klimawandels, die wohl auch hierzulande die Waldbrandgefahr steigern werden".
Weiterhin "Knochenarbeit"
Seitens der Feuerwehr ist das Hauptziel momentan, ein Übergreifen auf angrenzende Wälder zu verhindern. Richtung Höllental wurden dafür eigens Großtanklöschfahrzeuge stationiert, die aus der nahe gelegenen Schwarzau Löschwasser pumpen. "Man muss sich das so vorstellen: Es brennen vor allem niedrige Bäume und Wurzelstöcke. Wenn diese abrutschen, kann es zu Funkenflug kommen, der auch auf die Rax übergreifen kann", erklärt ein Feuerwehrmann der Freiwilligen Feuerwehr Gloggnitz Stadt. Im Notfall kann hier mit Wasserwerfern ein "Wasservorhang" gebildet werden, der den Funkenflug eindämmt.
Brandaus kann wohl noch die nächsten Tage bis über das Wochenenende nicht gegeben werden. Teils unwegsames Gelände und schwierige Windverhältnisse peitschen die Brandherde zusätzlich an. Und auch die Löschflüge an sich können den Brand nur eindämmen – Löscharbeiten müssen auch vom Boden aus erfolgen. "Der Waldboden wird in den kommenden Tagen bis zu einen halben Meter tief mit Spitzhacken aufgerissen und händisch mit Löschrucksäcken gelöscht werden müssen, um Glutnester zu entfernen", vernimmt man von der Einsatzleitung rund um Einsatzleiter Josef Huber vom Feuerwehrbezirkskommando Neunkirchen. Teilweise müssen dazu vom letztmöglichen befahrbaren Punkt noch Fußwege von rund einer Stunde zurückgelegt werden. Oder, wie es ein Feuerwehrmann trocken zusammenfasst: "Die Knochenarbeit geht also weiter".