"Die Masche ist relativ neu, zumindest in Österreich", hat Staatsanwalt Florian Pöschl am Mittwoch bei einem Betrugsprozess am Wiener Landesgericht erläutert. Zwei Angeklagte mussten sich dort als mutmaßliche Mitglieder einer Bande verantworten, die sich darauf spezialisiert hat, gezielt Postsendungen aus Briefkästen zu "fischen", die einen geschäftlichen Inhalt vermuten lassen und Rechnungen beinhalten. Auf diesen werden dann die IBAN-Nummern der Rechnungsleger verändert.
Nach erfolgter Manipulation werden die Briefe mit den veränderten Kontodaten verschlossen und die Kuverts wieder in den Postverkehr gebracht. Der Adressat bemerkt aufgrund der professionellen Vorgangsweise der Täter nicht, dass er beim Bezahlen der Rechnungen sein Geld nicht dem ausgewiesenen Empfänger überweist, sondern dass dieses auf einem eigens zu betrügerischen Zwecken eingerichteten Konto landet, wo es dann von weiteren Mittätern umgehend behoben bzw. weitertransferiert wird.
Zu den Geschädigten gehörten unter anderem die Österreichische Nationalbank, mehrere bekannte Unternehmen, eine Gemeinde im Bezirk Gänserndorf (NÖ), eine große Versicherung und einige Privatstiftungen. Die Verhandlung ist auf mehrere Tage anberaumt, die Urteile sind in der zweiten November-Woche geplant.
Keine große Rolle gespielt
"Das ist schwerster Betrug, die Schädigungsbeträge sind enorm", betonte der Staatsanwalt. Die beiden Angeklagten - zwei Männer im Alter von 54 und 59 Jahre, einer von ihnen hat früher in Frankreich ausgerechnet als Sicherheitsbeamter gearbeitet - sollen laut Anklage in das Treiben in untergeordneter Funktion eingebunden gewesen sein, indem sie Briefe mit Rechnungen an sich brachten und an ihre Hintermänner weiterleiteten und mit gefälschten Dokumenten Konten eröffneten. Die Anklage legte ihnen dessen ungeachtet 46 Fakten mit einem Gesamtschaden von mehreren 100.000 Euro zur Last.
Der Jüngere leugnete jedwede Tatbeteiligung. "Er war in diese Sache nicht unmittelbar involviert", betonte sein Verteidiger: Der Zweitangeklagte bekannte sich zumindest teilweise schuldig. Sein Rechtsbeistand Noah McElheney (Kanzlei Kollmann Wolm) verwies auf ein "recht ausgeklügeltes System". Der 59-Jährige sei "keine große Nummer" gewesen: "Er hat Briefe bei der Post aufgegeben und hat Behebungen getätigt, wofür er ein paar 100 Euro bekommen hat".