Der österreichische Alpenverein wird auf allen Ebenen - vom Präsidium bis hin zur Sektion vor Ort - ehrenamtlich geführt. Fast 15.000 Funktionärinnen und Funktionäre engagieren sich in verschiedensten Aufgabenbereichen ehrenamtlich für den Verein - viele davon trafen sich an diesem Wochenende bei der großen Jahreshauptversammlung in Villach. Doch zu den Funktionären kommen noch mehr als 10.000 freiwillige Mitarbeiter, die im Alpenverein bei Veranstaltungen und einzelnen Projekten im Einsatz sind.
"Die Mitglieder stecken neben ihrem Brotberuf Tausende Stunden in ihr Ehrenamt", betont Alpenvereinspräsident Andreas Ermacora. Jeder habe andere Fähigkeiten und bringe diese ein. Doch: "Die Bereitschaft zu einer ehrenamtlichen Tätigkeit nimmt leider ab!"
Deshalb werden Mitarbeiter derzeit dringend gesucht. Vor allem für die Arbeit der ehrenamtlichen Wegewarte und der Hüttenbetreuer braucht es Nachwuchs. "Viele unserer Wege führen zu Schutzhütten und ins Hochgebirge Österreichs. Langfristige Betreuung benötigt allerdings jeder einzelne davon. Die steigende Anzahl von Wanderern mit geringerem bergsteigerischem Können sowie die Folgen zunehmender Extremwetterlagen erhöhen den Druck im Wegewartungsbereich", betont der Alpenverein.
Wie kann man die Jugend motivieren?
Das ist wohl die große Frage bei allen wohltätigen Organisationen, wobei der Alpenverein die größte Jugendorganisation in Österreich ist, betont Ingo Stefan von der Alpenvereinsakademie. Beim Alpenverein versucht man die Jugend über Soziale Medien zu erreichen, durch den direkten Kontakt, bei Schulungen und vor allem durch neue Arten der Freiwilligenarbeit.
Das Schlagwort dabei heißt "Mikrovolunteering": "Die Freiwilligen werden für einzelne, zeitlich begrenzte Projekte eingesetzt. Meist dauern diese nur eine Woche", erklärt Joanna Kornacki, für die Ehrenamtsbetreuung zuständig. "Die Leute haben immer weniger Zeit, gleichzeitig steigt aber das Bedürfnis nach Natur, nach Gleichgesinnten, nach einem Ausgleich zur meist stressigen Arbeit.
Derart zeitlich begrenzte Freiwilligenarbeit gibt es bereits im Bereich Umweltbaustellen und Bergweltprojekte - beim Hütten- und Wegebereich, wo die Freiwilligen immer mehr fehlen, sei aber eine kontinuierliche Arbeit erforderlich.
Die Arbeit als Wegewart
Die Instandhaltung eines rund 26.000 Kilometer langen Wegenetzes liegt in der Hand von rund 300 Ehrenamtlichen des Alpenvereins und ihren Helfern. „Immer mehr Menschen sind im Berg unterwegs. Viele haben eine hohe Erwartungshaltung und setzen einfache Wege voraus. Dadurch werden potentielle Gefahren im alpinen Gelände gern unterschätzt, die aber auch auf einfachen und bestens gewarteten Wegen vorkommen können. Vor allem die Erwartungshaltung ungeübter Wanderer einer umfassenden Sicherheit gegenüber, ohne sich ihrer Eigenverantwortlichkeit bewusst zu sein, hält unsere ehrenamtlichen Wegewartinnen und Wegewarte im wahrsten Sinne des Wortes in Atem“, resümiert Niklas Ohnmacht von der Alpenverein-Abteilung Hütten, Wege und Kartographie.
Eine App, ein Risikomanagement-Tool und ein Wegewartsausweis sollen künftig Anreize schaffen und den Stellenwert des Ehrenamtes unterstreichen.
Eine weitere Problematik für die Wegewarte ergibt sich aus dem wachsenden Trend der sogenannten Themenwege, denn das Ausmaß deren Instandhaltung rückt mitunter erst im Nachhinein ins Bewusstsein. Materialien von angebrachten Schildern, Wegtafeln und Aufklebern sind oftmals für das Gebirge ungeeignet und zeigen dies bereits nach wenigen Jahren.
Der Aufwand steigt
Allein im vergangenen Jahr 2020 investierte der Österreichische Alpenverein rund 370.000 Euro für die Behebung von Schäden, die von diversen Naturgewalten verursacht wurden. Erosionen bedingt durch zunehmende Starkregenereignisse machen aus Wegen tiefe Furchen, die die Erde bis zum Felsuntergrund auswaschen. Eine nachhaltige Sanierung ist in solchen Fällen nur schwer möglich. Außerdem führt der fortschreitende Gletscherrückgang zum Aufbrechen von durch Eis zusammengehaltenen Felsmassen. Dies hat jährliche aufwändige Wegesicherungsmaßnahmen oder sogar Wegverlegungen mittlerweile zur Notwendigkeit für die Ehrenamtlichen gemacht.
Daniele Marcher