Aus Imkerkreisen erreichen uns dieser Tage scheinbar widersprüchliche Nachrichten. "Es war ein schlechtes Jahr", konstatiert Gerhard Mohr, Obmann des Vorarlberger Imkerverbandes. Viele seiner Kollegen und auch er selbst hätten heuer so gut wie nichts geerntet. Mohr schätzt, dass der Ertrag um zwei Drittel eingebrochen ist. In den östlicheren Bundesländern fällt die vorläufige Bilanz 2021 teils deutlich positiver aus.
"Schuld ist der kühle und verregnete Frühsommer", erklärt Reinhard Hetzenauer, Präsident des Österreichischen Imkerbundes. Viele Völker mussten im Mai sogar gefüttert werden, weil sie zu wenig Futter vorfanden. "Das ist schon sehr ungewöhnlich für diese Jahreszeit." Bei ihm zu Hause in Tirol sei die Lage heuer auch schwierig gewesen. Blütenhonig gibt es in weiten Teilen Österreichs gar nicht, beim Waldhonig sieht es ein wenig besser aus.
Die Imker im Osten haben hier Vorteile. "Akazie oder Sonnenblumen sorgten dort für mehr Ertrag, in Westösterreich kommen diese aber fast nicht vor", erklärt Hetzenauer das Ost-West-Gefälle. Leere Honigregale müssen wir deshalb nicht fürchten, allerdings liegt der Selbstversorgungsgrad in Österreich nur bei durchschnittlich 45 Prozent, der Restbedarf wird mit Importwaren gedeckt. Und diese können mit der heimischen Qualität oft nicht mithalten. Was die Schädlingsbekämpfung betrifft, kommen im Ausland beispielsweise Medikamente zum Einsatz, die hierzulande verboten sind.
Den Bio-Anteil in Österreich schätzt Hetzenauer auf rund zehn Prozent, ergänzt aber: "Viele Imker – mich eingeschlossen – arbeiten mit Bio-Standards, ohne sich zertifizieren zu lassen." Das hänge einerseits mit höherem (finanziellen) Aufwand zusammen, andererseits haben nur jene Imker Anspruch auf Bio-Förderungen (25 Euro pro Volk), die auch Boden besitzen oder pachten, der landwirtschaftlich genutzt wird. "Wir versuchen gegen diese Vorgabe anzugehen", betont der Imker-Präsident. Es könne nicht sein, dass man die Bio-Imkerei einerseits fördern will, und dann auf der anderen Seite solche widersinnigen Auflagen vorschreibt.
Ungemach droht den heimischen Imkern möglicherweise auch aus China. Dort wirbt der Lebensmittel-Riese Hangzhou Focus Corporation auf der Plattform Alibaba mit "Fruktose Sirup für Honig" um 11 Cent pro Kilo. "Der Sirup wird im Labor hergestellt und zur Honigverfälschung im großen Stil angeboten", berichtet Hetzenauer. In der Produktbeschreibung wird sogar detailliert angegeben, welche Echtheitstests dieser "Honig" besteht. Als Handelspartner werden etwa Nestlé, Kraft oder Unilever angegeben. "Wir haben das bereits bei Europol angezeigt", empört sich Hetzenauer.
Der Imkerbund habe seine Forderung nach klarer Herkunftskennzeichnung neuerlich bekräftigt, doch "Vertreter der Landwirtschaftskammer und die großen Abfüller stehen hier auf der Bremse." Den besten Honig bekommt man immer noch direkt beim Imker in der Umgebung, ist Hetzenauer überzeugt.
Matthias Reif