Am Landesgericht Salzburg ist am Dienstagabend ein psychisch schwer erkrankter Unternehmer bedingt in eine Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher eingewiesen worden. Wenn der 48-Jährige eine Reihe von Auflagen erfüllt, bleibt er auf freiem Fuß. Der Mann soll am 28. März 2020 in einem wohl durch den ersten Corona-Lockdown ausgelösten manisch-psychotischen Zustand mit einem Radlader einen früheren Nachbarn und dessen Sohn attackiert haben. Die beiden blieben unverletzt.
Wäre der Mann bei der Tat zurechnungsfähig gewesen, hätte die Anklage auf versuchten Mord gelautet, betonte der Staatsanwalt im Verfahren. Die Geschworenen verneinten Dienstagabend aber den Mordversuch und stellen zwei Fälle versuchter schwerer Nötigung fest. Das Urteil ist bereits rechtskräftig.
Zu dem Vorfall war es nahe der Firma des Unternehmers im Flachgau gekommen. Die beiden Opfer hatten einen Bekannten in der Nähe besucht und waren dann auf einer Straße Richtung des Betriebes gefahren. Weil sich der 48-Jährige von dem herannahenden Fahrzeug bedroht fühlte, soll er zunächst versucht haben, den Kleinbus mit einem Radlader zu rammen. Als das misslang, schob er das Fahrzeug mit seiner 22 Tonnen schweren Baumaschine zunächst mit dem Heck rund 25 Meter über eine Wiese. Dann wendet er und rammte den Wagen mit der Ladeschaufel in etwa ein Meter Höhe und rund 15 km/h. In der Folge schob er das Auto weitere 36 Meter Richtung der Uferböschung eines Baches.
Opfer konnten entkommen
Den beiden Insassen - ein heute 39-jähriger Mann und sein elfjähriger Sohn - gelang es, aus dem Wagen zu springen, als der Angreifer kurz innehielt. Sie flüchteten Richtung Firmengelände, der Unternehmer fuhr ihnen aber noch nach, konnte sie aber nicht mehr erwischen. Dann stieg er aus und schrie, die beiden sollen sich schleichen. Vater und Sohn versteckten sich hinter einem Lkw-Anhänger und Silostapeln und alarmierten die Polizei. Beide wurden körperlich nicht verletzt. "Laut dem Kfz-Sachverständigem war es aber nur Zufall, ob sie tödliche Verletzungen erleiden oder nicht", sagte der Staatsanwalt.
Wie der Vater des Buben heute als Zeuge sagte, hätten er und sein Sohn zunächst geglaubt, dass der Lenker des Radladers am Steuer eingeschlafen ist. "Dann ist uns aber klar geworden, dass das kein Versehen war. Mein Sohn schrie, der bringt uns um, der bringt uns um. Ich selbst war in einer Schockstarre." Im Wageninneren sei es immer enger geworden, zudem brach die Scheibe. "Wir hatten Todesangst. Wir sind schwer traumatisiert, das ganze kommt immer wieder hoch."
Angreifer kam in Klinik
Der Verdächtige - selbst Vater dreier Kinder - wurde nach der Tat verhaftet und auf der forensischen Station der Christian-Doppler-Klinik in Salzburg behandelt. Laut einem Gutachten leidet er an einer bipolaren affektiven Störung, dazu kam der manisch-psychotische Zustand mit einer wahnhaften Verzerrung der Realität. "In unbehandeltem Zustand ist damit zu rechnen, dass der Mann wieder vergleichbare Handlungen begehen könnte", sagte der Staatsanwalt.
Ende Mai 2020 wurde der Angreifer unter Auflagen enthaftet. Er befindet sich seitdem auf freiem Fuß, muss aber regelmäßig zu Untersuchungen und Therapien und die Einnahme von Medikamenten nachweisen. Auflagen, die der Mann nach dem heutigen Urteil weiter erfüllen muss. "Mein Mandant wollte nur sein Firmengelände vor Eindringlingen schützen. Den Sohn hat er gar nicht gesehen, bis dieser ausgestiegen ist. Meinem Mandanten ist bewusst, dass es ein Fehlverhalten war. Aber es gab keinen Mord- oder Tötungsvorsatz", sagte Verteidiger Franz Essl.
Die Maschinen des Unternehmers seien durch den Lockdown am Beginn der Hauptsaison stillgestanden, die Mitarbeiter in Kurzarbeit gewesen. "Er war verzweifelt, dazu kamen die Bilder aus Italien mit den Corona-Toten. Er wusste nicht, was er tun sollte, um den Betrieb zu erhalten." Zudem habe der Mann das Firmengelände "wie Fort Knox" abgedichtet, damit kein Corona hereinkomme und mit Erdhaufen, Paletten und abgestellten Lkw-Zügen Barrikaden errichtet.
"Corona hat mich ganz narrisch gemacht, ich war wirklich in einer Ausnahmesituation", räumte der 48-Jährige heute vor Gericht ein. Er habe um das Leben seiner Familie und das seiner Mitarbeiter gefürchtet. "Es tut mir leid, dass ich mich nicht im Griff gehabt habe. Ich erkenne heute, dass es ein Wahn war." Er habe die Nächte vor dem Vorfall kaum mehr geschlafen und nicht mehr klar denken können. "Ich wollte niemanden verletzen, ich wollte nur, dass der Bus weg von der Straße ist."
Laut Anwalt Essl hat der Mann an seine beiden Opfer auch gut 24.000 Euro Schadensgutmachungen gezahlt.