Geht es nach Alexander Pikhard, darf der Wunschzettel heuer schon mal länger ausfallen. Das mag nicht unwesentlich sein, denn man kennt das ja: Sieht man eine Sternschnuppe, ist man meist so überrascht, als wäre man von Will Smith geblitzdingst worden – im Wunschzentrum des Hirns herrscht gähnende Leere. Wie gut, dass gleich mehrmals im Jahr der Himmel seine Wunschmaschine in Betrieb nimmt. Im August sind es die Perseiden, die den Himmel in ein Tollhaus aus Sternschnuppen verwandeln. Das ist natürlich hemmungslos übertrieben, aber die Chance, dass man rund um den 12. August viele Sternschnuppen sieht, ist mehr als groß. Heuer würden auch die Bedingungen passen, erklärt Alexander Pikhard, Präsident der Wiener Arbeitsgemeinschaft für Astronomie (WAA). Der Mond zieht sich freundlicherweise so knapp nach Neumond früh zurück und überlasst den Sternschnuppen die Bühne. Dann kann die Hauptvorstellung beginnen: „Die Perseiden steigern ihre Maximalrate rund um den 12. August auf den 13. August auf über 110 Erscheinungen pro Stunde und das von 21 Uhr bis Mitternacht. Das ist ein theoretischer Maximalwert.“
Doch Pikhard bremst den Jubel ein, denn die Hälfte der Sternschnuppen ist zu dieser Zeit unter dem Horizont. Die realistische Einschätzung kann sich aber auch sehen lassen: „Wir können in der Zeit vor Mitternacht und unter optimalen dunklen Bedingungen so maximal 60 Erscheinungen pro Stunde sehen, also jede Minute eine – und das ist nicht so schlecht.“ Wobei es auch hier nicht ohne Einschränkung geht, aber hat das nichts mit der Inszenierung zu tun, sondern mit der Bühnenausstattung: Je mehr Umgebungslicht, desto geringer die Wahrscheinlichkeit, dass man das ganze Spektakel auskosten kann. Je dunkler die Bühne, desto besser, beschreibt Pikhard: „Mitten in einer großen Stadt geht die Anzahl der zu sehenden Meteore rapide zurück. Realistischerweise sieht man keine zehn Erscheinungen.“ Aber ganz ehrlich, zehn Wünsche spielt es nicht einmal zu Weihnachten. Das ist also alles kein Grund zum Weinen, denn dem Volksmund nach macht das schon der Himmel selbst.
Tränen des Himmels oder auch Tränen des Laurentius werden die Perseiden genannt, weil sie rund um den Namenstag des Märtyrers auftreten. In der Realität ist es ein guter alter Bekannter, der alljährlich Mitte August die Bahn der Erde kreuzt: der Komet Swift-Tuttle. Was danach kommt, ist magisch, denn seine Staubspur erzeugt dabei den Meteorschauer der Perseiden. Die Staubteilchen dringen in hoher Geschwindigkeit in die Erdatmosphäre ein, verglühen dort und rufen so das Leuchten hervor, das wir als Sternschnuppen definieren. Die sieht man am besten mit freiem Auge, ganz ohne viel Technik.
Doch die Sternschnuppen haben in den vergangenen Jahren ordentlich Konkurrenz bekommen, denn am Himmel ist die Hölle los. Für wen Elon Musk das Böse unter der Sonne ist, der dürfte sich hier bestätigt fühlen: „Wir haben mittlerweile wahnsinnig viele Erdsatelliten. Gerade in der Zeit, wo man mit dem Schauen der Meteore anfangen kann, tummeln sich mehr als 360 Erdsatelliten. Auf einen Perseiden kommen also zehn Satelliten und die huschen nicht geschwind über den Himmel, sondern ziehen minutenlang zwischen den Sternen dahin. Das ist ein echtes Problem für die Astronomie, weil es stört“, ärgert sich Pikhard.
Rund 80 Prozent dieser Satelliten, die man am Mittwoch zu dieser Zeit sehen kann, gehören zum Projekt „Starlink“ von Elon Musk. Weitere Firmen, die es Musk gleich tun wollen, stehen in den Startlöchern. Alexander Pikhard zeichnet ein düsteres Bild: „Dann leben wir in einem künstlichen Bienenschwarm aus Satelliten, die den Blick auf den Himmel extrem stören.“
Wer war Perseus?
Die Perseiden haben ihren Namen vom griechischen Helden Perseus, da der Meteorstrom aus seinem Sternbild zu strömen scheint. Perseus ist ein tragischer Held: Das Orakel von Delphi sagte seinem Großvater Akrisios voraus, dass sein Enkel ihn töten wird und so steckte er seine Tochter Danaë vorsorglich in den Turm. Doch er hat die Rechnung ohne Zeus gemacht, der sorgte für den Enkel. Der Großvater setzte Mutter und Kind am Meer aus, aber Poseidon kam zu Hilfe und verfrachtete sie auf eine Insel. Dort warf König Polydektes ein Auge auf Danaë und bürdete Perseus immer neue Mutproben auf (Stichwort: Medusa). Alles ging gut, bis er seinen Opa versehentlich mit einem Diskus ins Jenseits beförderte.