"Es ist keine Geschichte der Eifersucht", hat ein 52-jähriger Mann am Freitag am Wiener Landesgericht betont, wo er sich wegen Mordes an seiner Ehefrau zu verantworten hatte. Er habe die 45-Jährige geliebt. Sie habe sich aber nicht in seinem Sinne benommen, habe beispielsweise "die ganze Zeit am Handy geschrieben". Das habe für Streit gesorgt: "Ich wollte nicht, dass sie eine schlechte Art kriegt. Ich wollte, dass sie sich auf uns konzentriert. Sie hat ja sonst niemanden."

Das Paar hatte 2002 in Syrien geheiratet, 2003 kam ein Sohn zur Welt, 2014 flüchtete der Mann - angeblich auf Betreiben seiner Ehefrau - nach Wien, zwei Jahre später ließ er Frau und Kind nachkommen.

Von diesem Zeitpunkt an sei die Ehe "alles andere als harmonisch verlaufen", berichtete Staatsanwältin Julia Kalmar den Geschworenen. Der Mann habe der Frau Kontakt zu anderen Männern und ehebrüchiges Verhalten unterstellt, außerdem habe sie ihm ihr gemeinsames Haus in Syrien nicht überschreiben wollen. Anfang November 2020 wurde die einvernehmliche Scheidung eingereicht, der Mann zog auch aus der ehelichen Wohnung am Stefan-Fadinger-Platz in Favoriten aus. Eineinhalb Monate später wurde der Scheidungsantrag jedoch wieder zurückgezogen, der Ehemann kehrte zur Familie zurück. Angeblich fand eine Versöhnung statt.

Blutgetränkt mit Meldezettel

Von Dauer war diese aber nicht. Am Nachmittag des 3. Februar 2021 fiel Beamten des Stadtpolizeikommandos Favoriten der desorientiert wirkende 52-Jährige auf, der unweit seiner Wohnung in einem blutgetränkten T-Shirt und mit blutigen Händen herumging. Sie hielten ihn an, worauf er "Frau! Frau!" sagte und seinen Meldezettel herzeigte.

In der Wohnung stießen die Beamten auf die in einer Blutlache liegende Leiche der Frau. Der Ehemann wurde festgenommen. Wie nun Gerichtsmediziner Daniele Risser im Grauen Haus darlegte, starb die 45-Jährige infolge von fünf Stichen in den Hals, welche die Schlagader eröffneten und die Drosselvene durchtrennten. Verletzungsspuren an ihren Armen deuteten darauf hin, dass sich die Frau gewehrt haben dürfte. Letzten Endes hatte sie dem medizinischen Sachverständigen zufolge aber keine Überlebenschance. Sie dürfte binnen kürzester Zeit verblutet sein.

Tatwaffe war ein Obstmesser mit einer sieben Zentimeter langen Klingen. Der Angeklagte behauptete, die Getötete habe zunächst danach gegriffen. Er habe gegen 11.00 Uhr ein Frühstück zubereitet, sich dann zu ihr ans Bett gesetzt und ihre Haare gestreichelt. Das habe ihr nicht gepasst. Sie habe ihn vom Bett getreten und beschimpft ("Du Hund, du dreckiger Hund").

Wollte sie "nur beruhigen"

Er habe ihr das Messer abgenommen: "Ich wollte sie beruhigen". Er habe sich aber "in einem Ausnahmezustand" befunden: "Da habe ich nichts mehr gesehen. Es war wie ein Schleier auf meinen Augen. Bis jetzt weiß ich tatsächlich nicht genau, was geschehen ist." Vermutlich sei er "in Rage" gewesen: "Im Normalfall stirbt ein Mensch, wenn er fünf Mal gestochen wird. Aber das habe ich mir damals nicht gedacht. Ich wollte nicht, dass sie stirbt."

Der beisitzende Richter Christoph Bauer hatte eine einzige Frage: "Wer war Schuld an der Eskalation?" "Zu 90 Prozent sie", lautete die Antwort.

Urteil fiel einstimmig

Der Wahrspruch der Geschworenen fiel nach kurzer Beratung einstimmig im Sinne der Anklage aus. Nachdem ihm das Urteil vom Dolmetsch übersetzt worden war, bat der 52-Jährige nach Rücksprache mit seiner Verteidigerin um Bedenkzeit.