Es war vor allem die südafrikanische Variante des Coronavirus, die im Frühjahr die Einwohner von Schwaz in Tirol bedrohte. Doch das entwickelte sich nachträglich zum Glücksfall, davon ist Bürgermeister Hans Lintner heute überzeugt. Denn damit wurde die Gemeinde zur Modellregion in Sachen Impfung. Mit 100.000 von der EU eigens bereitgestellten Impfstoff-Dosen sollten die Bürgerinnen und Bürger so schnell wie möglich immunisiert werden. Begleitet wurde der Versuch von Wissenschaftern aus Innsbruck und Salzburg. Und auch diese sprechen nun von einem gelungenen Versuch.

In einer Vorab-Publikation der begleitenden Studie, die nun vorliegt, wird eine "hohe Wirksamkeit" attestiert. "Innerhalb von wenigen Tagen konnte die Impfquote auf mehr als 70 Prozent erhöht werden, danach nahm das Infektionsgeschehen um 60 Prozent gegenüber den Vergleichsregionen ab", erklärt Virologin Janine Kimpel von der Uni Innsbruck. Die Unterschiede zu Vergleichsgemeinden waren beträchtlich.

Ein weiterer positiver Effekt der Impfung sei in Folge die deutliche Reduzierung der Hospitalisierungen im Zusammenhang mit SARS-CoV-2 gewesen – vor allem auf den Intensivstationen in den Spitälern. "Wir haben jetzt eine Durchimpfungsrate bei der impfbaren Bevölkerung von fast 80 Prozent", sagt Lintner. Zugelassen waren Einwohner ab 16 Jahren. Die Studien-Ergebnisse bezeichnet er als "erfreulich". Mit so einer Quote könne man der Pandemie den Schrecken nehmen, ist der Bürgermeister überzeugt.

Der Weg dahin war nicht ganz einfach. "Wir mussten viel Überzeugungsarbeit leisten und uns auch einiges gefallen lassen", erinnert sich der Ortschef an den März zurück. Zu den üblichen Skeptikern kommt in Schwaz ein Migrationsanteil von 20 Prozent. „Wir haben im Gemeindegebiet aufgrund mehrerer größerer Arbeitgeber 72 Nationalitäten.“ Dementsprechend wichtig sei es gewesen, auf alle unterschiedlichen Gruppen einzuwirken und Informationen in den jeweiligen Sprachen bereitzustellen. Das habe maßgeblich dazu beigetragen, dass die Impfbereitschaft entsprechend hoch war.

Im ersten Durchgang kamen rund 46.000 der 64.000 infrage kommenden Personen und holten sich ihre Dosis ab. Den Zweittermin im April nahmen laut Land Tirol beinahe alle Eingeladenen wahr. Verimpft wurde das Vakzin von BionTech/Pfizer. Im Gemeinderat sind übrigens nicht alle geimpft. "Einige Gemeinderäte nahmen wohl aufgrund der Parteilinie nicht an der Aktion teil", vermutet Lintner.

Neben den nun vorliegenden Erkenntnissen lässt der Versuch im Bezirk einen weiteren Rückschluss für den Bürgermeister zu: "Man sieht, dass es keine Impfpflicht braucht, um die Menschen zu schützen." Ein ausreichendes Maß an Aufklärungsarbeit reiche dafür aus. Damit widerspricht Lintner etwa dem Innsbrucker Bürgermeister Georg Willi (Grüne) oder auch seinem ÖVP-Parteikollegen und Wirtschaftsbundobmann Franz Hörl, die zumindest eine teilweise Impfpflicht fordern.