Rund 40 Wölfe gibt es in Österreich, die Raubtiere stehen unter einem strengen Schutz. Zuletzt haben sich auf Almen die Risse von Schafen gehäuft, vor allem Tirol und Salzburg sind stark betroffen, nun auch die Steiermark und Kärnten. Laut Landwirtschaftsministerin Elisabeth Köstinger (ÖVP) wurden heuer schon mehr als 200 Tiere, hauptsächlich Schafe, von Wölfen gerissen. Sie forderte in einer Aussendung am Freitag die Entnahme, also die Tötung, von "Problemwölfen".
In der gesamten Almsaison 2020 gab es laut Köstinger knapp 300 nachgewiesene Risse. Diese seien nicht nur für Almbauern, sondern auch für die touristische Nutzung von Almen und Wanderwegen ein Problem. "Wenn jetzt nicht gehandelt und Problemwölfe entnommen werden, werden die heimischen Almen bald nicht mehr bewirtschaftet werden", sagte Köstinger in einer Aussendung.
Die Landwirtschaftsministerin verwies darauf, dass die Entnahme einzelner Problemwölfe rechtlich "durchaus möglich" sei, auch gemäß der Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie, also der Naturschutz-Richtlinie der EU. Durch DNA-Proben ist nachweisbar, wenn ein und derselbe Wolf für mehrere Risse verantwortlich ist.
Köstinger forderte auch eine Beschleunigung der Verfahren. Denn in der Praxis würde sich zeigen, dass die von den zuständigen Behörden im Einzelfall erteilten Bescheide häufig unmittelbar beeinsprucht und eine Entnahme damit verunmöglicht wird. Außerdem erinnerte die Landwirtschaftsministerin daran, dass das Österreichzentrum Wolf, Bär, Luchs betroffene Almbauern nach einem Rissereignis mit sogenannten Notfallteams unterstützt. Diese helfen bei der Bergung von toten und verletzten Tieren, dem Zusammentreiben der versprengten Tiere, sowie der Errichtung eines Nachtpferchs, also der Einzäunung der Schafe über Nacht. Diese Notfallteams seine meist "binnen kürzester Zeit" an Ort und Stelle.
Tirol ändert Gesetz
Um eine leichtere Entnahme von Problemwölfen zu ermöglichen, hat der Tiroler Landtag Donnerstagabend eine Änderung des Tiroler Almschutz- und Jagdgesetzes beschlossen. Konkret soll ein fünfköpfiges Fachkuratorium "Wolf-Bär-Luchs" eingerichtet werden, das über den Umgang mit auffälligen Tieren entscheiden soll. Es soll unabhängig und weisungsfrei arbeiten. Die Entscheidung des Kuratoriums - die bis zum Abschuss gehen kann - ist für die Landesregierung dann bindend. Außerdem wird das Almgebiet auf seine Tauglichkeit hinsichtlich Herdenschutz beurteilt. Es soll kategorisiert und bestimmt werden, wo Herdenschutz möglich ist, wo nur bedingt und wo nicht.
"Wir reizen auf Basis von Gutachten alle rechtlichen Spielräume aus und gehen einen neuen Weg im Wolfsmanagement", sagte der zuständige LHStv. Josef Geisler (ÖVP) nach dem Beschluss des schwarz-grünen Dringlichkeitsantrages in einer Aussendung des Tiroler Bauernbundes. "Im Umgang mit Problemwölfen gibt es nun einen Maßnahmenplan, der bis hin zur Entnahme reicht. Damit bieten wir den betroffenen Bauern und Almen eine Perspektive", zeigte sich Geisler zufrieden. Der Anspruch auf Entschädigungen für Schäden an Tieren wurde außerdem gesetzlich festgeschrieben. Gleichzeitig hieß es aber: "Dort wo möglich, werden Maßnahmen zum Herdenschutz weitergeführt und ausgebaut".
Naturschützer protestieren
Die Naturschutzorganisation WWF kritisiert die aktuelle Forderung von Landwirtschaftsministerin Elisabeth Köstinger nach Abschuss von Wölfen in Österreich: „Der Wolf ist eine streng geschützte Art und wichtiger Bestandteil einer intakten Natur. Anstatt rechtswidrige Abschüsse zu fordern, muss der betroffenen Almwirtschaft durch eine Herdenschutz-Offensive geholfen werden. Die wird von der Politik seit Jahren auf die lange Bank geschoben, was vollkommen unverantwortlich ist“, sagt WWF-Artenschutzexperte Arno Aschauer. „Anstatt Stimmung gegen europaweit geschützte Tiere zu machen, muss die Landwirtschaftsministerin ihre Hausaufgaben als Politikerin erledigen. Besonders dringend wären bundesweit abgestimmte Herdenschutz-Programme und eine Wiederbelebung des Hirtenwesens nach Vorbild der Schweiz.“
Richtig angewendeter Herdenschutz sorge dafür, dass Wölfe von Beginn an Weidetiere meiden und Wildtiere im Wald erbeuten. Parallel dazu brauche es mehr sachliche Beratung von Bäuerinnen und Bauern sowie ausreichend dotierte Fördertöpfe für Präventionsmaßnahmen – und zwar nach Vorbild anderer Nachbarländer, die mit weit größeren Wolfs-Populationen leben. „Vorhandene EU-Fördertöpfe müssen viel stärker als bisher ausgeschöpft werden, um die Landwirtschaft im Aufbau von Schutzmaßnahmen zu unterstützen“, fordert Aschauer.