Dutzende vom Wolf gerissene Schafe binnen weniger Tage in Tirol. Tote Tiere, die auf das Konto eines Bären im Grenzgebiet zu Deutschland gehen könnten. Dazu kommen noch mehrere tote Schafe im Salzburger Rauris, die am Samstag entdeckt wurden und ebenfalls Beute eines Wolfes geworden sein dürften.
In Tirol und Salzburg gehen in Sachen „Wolfsmanagement“ die Wogen hoch. Vor allem die Schafbauern treibt der wieder nach Österreich zurückgekehrte Räuber auf die Barrikaden. Am Samstag demonstrierten rund 2000 Menschen in Innsbruck gegen Wolf und Bär auf Tirols Almen. Die Situation habe „ein Ausmaß erreicht, das nicht mehr hingenommen werden kann“, hieß es vom Bauernbund, der zur Demonstration aufgerufen hatte.
"Bauern sind die Letzten, die auf die Straße gehen, um zu demonstrieren. Aber der Hut brennt. Wir schauen nicht länger zu, wie unsere Weidetiere erbärmlich zugrunde gehen. Gemeinsam setzen wir ein Zeichen mitten in der Stadt!", postete beispielsweise die Landjugend aus dem Ötztal auf Facebook.
Mahnende Feuer entzündet
Doch die jungen oder angehenden Bäuerinnen und Bauern aus dem Ötztal gaben sich mit der Demonstration nicht zufrieden. Sie setzten in der Nacht zum Sonntag dann auch ein leuchtendes Zeichen für ihre Tiere: mittels Mahnfeuern, die in den besonders betroffenen Teilen Tirols entlang der Straßen entzündet wurden.
In Sölden forderten wiederum bei einer Podiumsdiskussion 300 Schafzüchter von der Politik, den Schutzstatus des Wolfes für eine Entnahme, sprich ein Abschießen, zu senken, berichtet die Tiroler Tageszeitung. Von der Oberhofer Alm wurden wiederum nach der Entdeckung 30 toter Tiere die verbliebenen ins Tal zurückgetrieben – ein Almabtrieb, bevor der Sommer noch so richtig begonnen hatte.
Weitere Tierrisse gemeldet
In Tirol sind über das Wochenende dutzende tote Schafe aus den Bezirken Lienz, Kitzbühel, Imst und Landeck gemeldet worden. Die Rissbegutachtungen würden noch laufen, berichtete das Land in einer Aussendung am Montag, es bestehe jedoch konkreter Wolfsverdacht. Im Fall eines toten Schafs aus der Gemeinde Umhausen (Bezirk Imst) seien Hinweise auf einen Bären als Verursacher festgestellt worden. Wolf und Bär werden damit diese Woche auch den Tiroler Landtag beschäftigen.
In den Osttiroler Gemeinden Hopfgarten im Defereggen, Prägraten und Außervillgraten seien in Summe 14 tote, sieben verletzte und zahlreiche vermisste Schafe gemeldet worden. Bereits vergangene Woche waren in Anras fünf tote Schafe gefunden worden. Im Gemeindegebiet von Silz (Bezirk Imst) wurde ein weiteres totes Schaf amtstierärztlich begutachtet und ein Wolf beobachtet.
Nachdem auf einer Alm im Gemeindegebiet von Westendorf (Bezirk Kitzbühel) bereits vergangene Woche drei tote Schafe gemeldet worden waren, wurden auf einer weiteren Alm nunmehr sieben tote Schafe amtstierärztlich begutachtet. Es sei von einem Wolf als Verursacher auszugehen, hieß es. Laut bisherigen Meldungen ist in dem Gebiet von rund 20 toten Schafen auszugehen.
Gesetzesänderungen gefordert
Kritisiert wird vor allem von der Bauernschaft die mangelnde rechtliche Möglichkeit, die Tiere abzuschießen. Die schwarz-grüne Landesregierung hatte in der Vorwoche die Einrichtung eines Fachkuratoriums angekündigt, das über den Umgang mit auffälligen Tieren entscheiden soll. Zudem soll das Almgebiet kategorisiert werden, sodass Gebiete definiert werden können, in denen Herdenschutz möglich ist. Das Thema wird auch den Tiroler Landtag diese Woche beschäftigen: Mit einem elf Punkte umfassenden Dringlichkeitsantrag sollen das Tiroler Almschutzgesetz und das Tiroler Jagdgesetz geändert werden.
Die oppositionelle Liste Fritz fordert, dass die Emotionen heraus- und der Sachverstand in der Thematik hereingenommen werden soll. "Mit Demonstrationen befeuert die ÖVP nur die Emotionen der Bauern und liefert – obwohl mit Landesrat Geisler seit Jahren in der Verantwortung – keinerlei Lösung", meinte Landtagsabgeordneter Markus Sint. Schon vor einem Jahr habe die Liste Fritz ein "Wolfskonzept für Tirol" beantragt, das von ÖVP und Grünen abgelehnt worden sei.
Tierschützer kritisieren Politik und Bauern
Doch nicht nur der WWF setzt sich massiv für den weiteren Schutz der Wölfe ein, auch der Verein gegen Tierfabriken kritisiert das Vorgehen von Politik und Landwirten: „Sollen wir nicht auch das Mauswiesel ausrotten, weil es Mäuse so grausam reißt? Beutegreifer spielen eine sehr wichtige Rolle im Ökosystem, was man vom Menschen nicht sagen kann“, betont VGT-Obmann Martin Balluch. 100 Millionen Nutztiere würden in Österreich jährlich in grausamer Massentierhaltung gequält und dann getötet.
Daniele Marcher