Wie verbreitet ist die Delta-Variante?
In Großbritannien macht die als sehr ansteckend geltende Delta-Variante bereits mehr als 90 Prozent aller Fälle aus. Sie ließ die lange Zeit sehr niedrige Sieben-Tage-Inzidenz auf zuletzt knapp 52 ansteigen. Weitere geplante Lockerungen wurden daher um mindestens einen Monat verschoben. Der österreichische Virologe Andreas Bergthaler hat vergangene Woche vor der Delta-Variante gewarnt. Ein hoher Immunisierungsgrad, also eine hohe Durchimpfungsrate, sei das beste Mittel, um infektiösere Varianten in Schach zu halten: "Bei der Delta-Verbreitung scheint Österreich bis jetzt circa ein bis zwei Monate 'Vorsprung' gegenüber Großbritannien zu haben. Dieses Fenster sollten wir durch Impfungen nutzen", forderte Bergthaler auf Twitter.
Wie häufig ist die Delta-Variante in Österreich?
„Noch gibt es ganz wenige Fälle in Österreich“, sagt Ulrich Elling. Der Molekularbiologe forscht am IMBA (Institut für Molekulare Biotechnologie) an der österreichischen Akademie der Wissenschaften und zeichnet mit Forschungspartnerin Luisa Cochella für einen Großteil der heimischen Sequenzierungen verantwortlich. Elling spricht von „etwa zehn Fällen pro Woche während der letzten Wochen“ der Delta-Variante in Österreich. Teilweise waren die Fälle reiseassoziert, das bedeutet, dass Reisende das Virus mit nach Österreich gebracht haben. „Wir wissen sehr genau, wo die Fälle bzw. Cluster sind. Die Situation ist beherrschbar.“ Und Elling fügt hinzu: „Mit der Situation in Großbritannien ist die jene in Österreich aktuell nicht vergleichbar.“
Welche Maßnahmen sollten jetzt gesetzt werden, damit sich die Variante in Österreich nicht festsetzt?
Da es sich aktuell um sehr wenige Fälle handelt, sollte gezielt versucht werden, die Cluster mithilfe von Contact Tracing einzudämmen. „Wir können die Ausbreitung dieser Variante verhindern, aber wir müssen konsequent handeln – jetzt, wo die Zahlen niedrig sind“, erklärt Elling. Regionale oder auch sehr konzentrierte lokale Maßnahmen könnten Mittel der Wahl sein. Er meint damit, dass man, wenn man auf ein Cluster stößt, etwa ein Wohnhaus unter Quarantäne stellt, oder nur einen betroffenen Ortsteil. Es sei nicht immer notwendig, etwa ein gesamtes Bundesland abzuriegeln. Als Vorbereitung auf den Herbst sei zudem die Entwicklung eines Prozederes wünschenswert. „Es sollte klare Richtlinien geben, wie im Fall des Falles vorzugehen ist. Wie eine Checkliste, die abgearbeitet wird“, so Elling.
Ist diese Virusvariante ansteckender?
Ersten Analysen zufolge ist die Delta-Variante ansteckender als der in Großbritannien entdeckte Alpha-Typ. Das Risiko, die Menschen im eigenen Haushalt anzustecken, sei bei Delta schätzungsweise 60 Prozent höher als bei Alpha, teilte die englische Gesundheitsbehörde Public Health England letzte Woche mit. Die Alpha-Variante selbst ist laut Experten schon rund 50 Prozent ansteckender als der Wildtyp (Anm. ursprüngliche Variante des Coronavirus).
Welche Symptome gibt es bei einer Infektion mit der Delta-Variante?
Die zunächst in Indien entdeckten Corona-Variante Delta kann bei Patienten anscheinend etwas andere Symptome als frühere Corona-Typen verursachen. In einer britischen App zur Überwachung von Corona-Symptomen wurden zuletzt am häufigsten Kopfschmerzen, eine laufende Nase und eine raue Kehle gemeldet, wie die BBC am Montag berichtete. Verlust von Geruchs- und Geschmackssinn kommen hingegen seltener zum Ausdruck. Fieber allerdings bleibt auch bei dieser Variante ein zentrales Symptom. Tim Spector vom King's College London, der die Zoe-Covid-Symptoms-Studie leitet und die gemeldeten Symptome auswertet, sagte dem Sender: „Seit Anfang Mai haben wir uns die häufigsten Symptome der App-Nutzer angeschaut – und sie sind nicht mehr dieselben wie zuvor.“ Zeitlich passe dies mit der Verbreitung der Delta-Variante zusammen. „Diese Variante wirkt sich im Körper ein wenig anders aus. Daher könnten einige Menschen denken, dass sie einfach an einer saisonalen Erkältung leiden“, so Spector. Er ruft dazu auf, sich im gegebenen Fall testen zu lassen, bevor man sich mit anderen Menschen trifft.
Schützt die Impfung gut vor der Delta-Variante?
Im Vergleich zu anderen Virusvarianten, soll sich Delta Experten zufolge stärker der Schutzwirkung der Impfstoffe entziehen können. Das gelte vor allem nach nur einer Impfdosis. Vollständig geimpfte Personen seien jedoch sehr gut vor der Delta-Variante geschützt. Einer neuen Studie der University of Texas zufolge, die im Fachmagazin "Nature" veröffentlicht wurde, gilt dies vor allem für den mRNA-Impfstoff von Biontech/Pfizer. Auch vor mehreren anderen Varianten wie beispielsweise der zuerst in Nigeria aufgetretenen Mutante B.1.525 schütze der Impfstoff, schreiben die Wissenschafter um Pei Yong Shi. Laut Bergthaler zeigen außerdem auch aktuelle Impfdaten von AstraZeneca, dass eine Vollimmunisierung gegen Delta wirkt.
Was kann man tun, falls ein Impfstoff nicht gegen eine Variante wirken sollte?
Wird bemerkt, dass die Impfstoffe nicht ausreichend schützen, können die Vakzine auch verändert werden. Vor allem mRNA-Impfstoffe lassen sich sehr leicht anpassen. Dafür muss nur der genetische Bauplan leicht verändert werden. Experten sowie auch die Hersteller schätzen, dass dies in wenigen Wochen oder Monaten möglich sein sollte. Etwas länger könnte eine Impfstoffanpassung bei Vektorimpfstoffen, wie jenem von AstraZeneca, dauern. AstraZeneca selbst arbeitet aber anscheinend schon daran: Für den Herbst ist eine neue Impfstoff-Generation angekündigt, die besser vor neuen Varianten schützen soll. Was den Einsatz eines überarbeiteten Impfstoffes allerdings hinauszögern könnte, ist die Zulassung.
Warum tauchen ständig neue Mutationen auf?
Im Oktober 2020 meldete die Sequenzdatenbank der Global Initiative on Sharing All Influenza Data (Gisaid) erstmals das Auftreten der Virusvariante B.1.671 (Delta-Variante). Dass Viren mutieren, ist nicht ungewöhnlich. So hat auch Sars-CoV-2 bereits Tausende Mutationen durchlaufen. Die meisten davon sind nicht gefährlich und fallen nicht weiter auf. Einige sind allerdings bedenklich und so dominant, dass sie den Wildtyp sogar zurückdrängen – etwa, weil sie ansteckender sind und sich somit leichter verbreiten können.