Aktuell warten so viele Volksbegehren wie nie zuvor auf Unterschriften. Die Palette ist vielfältig, ein bestimmendes Thema ist die Pandemie. So kann man sich für die Aufhebung der Corona-Gesetze stark machen oder für beziehungsweise gegen eine Impfpflicht aussprechen.
20 Volksbegehren können derzeit unterstützt werden. Auch abseits von Corona finden sie ausreichend Themen, die die Gemüter im Land erhitzen. Die Rettung des Bargeldes findet ebenso Beachtung wie ein Vorstoß gegen gendergerechte Sprache, für einen verpflichtenden Zivildienst für Frauen oder eine Erhöhung des Arbeitslosengeldes.
Auch gefühlte Evergreens wie das Rauchen in Lokalen oder das Beibehalten der Sommerzeit sind in der Ziehung. Demnächst kommt eine Initiative für mehr Transparenz und gegen Korruption dazu, die heute am Vormittag präsentiert wird.
Volksbegehren als Ventile
Brennt jemandem eines dieser Themen unter den Fingernägeln, kann dies mittels Gang zum Gemeindeamt oder online mittels Bürgerkarte am Handy zum Ausdruck gebracht werden. Ziel eines Volksbegehrens ist das Erreichen oder Wiederbeleben des politischen Diskurses – und zwar im Nationalrat.
„Nur selten wird bei Volksbegehren das darin Geforderte unmittelbar umgesetzt. Sie dienen eher als Ventile für Dinge, die auf anderem Weg nicht in die Umsetzung kommen und sind ein Druckmittel auf die parlamentarischen Akteure“, sagt Politikwissenschaftler Laurenz Ennser-Jedenastik. Als Beispiel für ein Volksbegehren, das diese Ventilfunktion erfüllt hat, nennt er die Nichtraucher-Initiative „Don’t smoke“, die es 2019 auf fast 900.000 Unterschriften gebracht hat.
Mobilisierung über das Internet
Um ein Volksbegehren zu starten, braucht es zunächst 8401 Unterstützungen. Das muss innerhalb von zwei Jahren geschehen. Dann wird eine Eintragungswoche festgelegt und es ist auf der Seite des Innenministeriums präsent.
Seit 2018 wurde der Prozess erleichtert, das Sammeln ist seither auch online und auf Gemeindeämtern möglich – unabhängig vom Wohnsitz. Nimmt das Volksbegehren die Hürde von 10.000 Unterschriften, muss es verpflichtend im Parlament behandelt werden. Dass so viele Volksbegehren laufen, wundert den Politologen nicht. „Das hat auch mit der leichteren Mobilisierung über das Internet zu tun. Daher würde es mich nicht überraschen, wenn es künftig noch mehr werden“, so Ennser-Jedenastik.
Im laufenden Jahr gab es bereits drei Volksbegehren zu den Themen Tierschutz, Impffreiheit und „Ethikunterricht für alle“. Alle übertrafen die Mindestanforderung von 100.000 Unterschriften, am erfolgreichsten war das Tierschutzvolksbegehren mit 416.229 Unterschriften, was 6,52 Prozent der Stimmberechtigten in Österreich entspricht. Zum Vergleich: Das Klimaschutz-Volksbegehren wurde 2020 von 381.000 Personen unterstützt