Welche Auswirkungen die Pandemie mit ihren Maßnahmen auf den Drogenkonsum hatte, ist noch nicht vollständig erforscht. Martin Busch, Leiter des Kompetenzzentrum Sucht der Gesundheit Österreich GmbH, sagt, dass sich die Auswirkungen bei weiten Teilen der Bevölkerung in Grenzen gehalten haben: "Es gab vor allem bei den legalen Drogen wie Alkohol oder Tabak Ausschläge in beide Richtungen. Einige haben etwa während des ersten Lockdowns versucht, ihren Konsum bewusst einzudämmen oder abzustellen, andere wiederum konsumierten deutlich mehr. Das waren jeweils etwa 15 Prozent, sodass sich hier unter dem Strich wenig getan hat."
Anders ist die Lage bei Personen, die schon vor der Pandemie suchtkrank waren. Für diese Gruppe hat sich die Situation zum Teil dramatisch verschlechtert, sagt Busch. Von Suchthilfe-Einrichtungen wisse man, dass sich diese auf einen Ansturm nach der Krise vorbereiten. Die Probleme dieser Menschen haben sich quantitativ, wie auch qualitativ verschärft. Das hänge damit zusammen, dass die Corona-Krise die sozial Schwächeren ohnehin viel härter getroffen hat. Zudem gibt es in der Suchthilfe und Prävention einen Rückstau, weil viele während der Lockdowns diese Programme nicht genutzt haben. Busch rechnet zudem damit, dass die Bedürfnisse in der Suchthilfe nun auch vermehrt an die Politik herangetragen werden.
Schüler besonders gefährdet
Ein Problem ortet Busch bei unseren Schülern. Einerseits, weil die Präventionsprogramme in den Schulen seit der Pandemie kaum mehr stattfinden, andererseits, weil die (psychische) Belastung bei den jungen Menschen besonders hoch sei. Welche Rolle die möglicherweise eingeschränkte Verfügbarkeit von illegalen Drogen dabei gespielt hat, lässt sich nicht genau sagen. Man wisse aber, dass der Drogen-Großhandel sehr schnell neue Vertriebswege erschlossen hat und wenig unter den Lockdown-Maßnahmen gelitten hat. Vielfach sei man hier ins Internet ausgewichen. Prinzipiell waren illegale Drogen daher auch während der Corona-Krise verfügbar.
Was die Art der Substanzen betrifft, so habe sich gezeigt, dass die Szene in Österreich relativ "traditionell" ist. Sogenannte Neue Psychoaktive Substanzen wie z. B. synthetische Cannabinoide haben es hierzulande schwerer als in anderen Ländern. "In Ungarn sind künstliche Cannabinoide zum Beispiel ein Riesen-Thema, bei uns kaum", erklärt Busch. Dafür scheint Kokain wie in vielen anderen Ländern der EU auf dem Vormarsch zu sein. Was Opioide betrifft, gibt es gute Nachrichten: "Wir beobachten, dass Heroin und Co. für junge Menschen immer weniger attraktiv werden." Das Image von Heroin habe sich immer mehr Richtung "Krankheit" verschoben.
Das ist auch deshalb eine gute Nachricht, weil der sogenannte "risikoreiche Drogenkonsum" in Österreich hauptsächlich durch den Konsum von Opioiden zustande kommt. Die aktuellen Schätzungen gehen davon aus, dass 31.000 bis 37.000 Menschen im Land einen risikoreichen Opioidkonsum haben. Im Zeitvergleich lassen fast alle Daten auf eine Entspannung der Situation schließen, weil immer weniger Jugendliche mit einem Opioidkonsum beginnen", meint Busch. Abschließend lasse sich die Auswirkung der Pandemie auf den Drogenkonsum im Land aber noch nicht beurteilen. "Die Krise ist ja noch nicht vorbei."
Matthias Reif