Angesichts der aktuellen Frauenmordserie – seit Jahresbeginn sind in Österreich neun Frauen von ihren Partnern bzw. Ex-Partnern getötet worden, zuletzt eine 35-Jährige am vergangenen Donnerstag in Wien-Brigittenau – haben Sozialminister Wolfgang Mückstein (Grüne) und die Grünen-Klubobfrau Sigrid Maurer eine Kampagne gegen Männergewalt angekündigt. Auf einer gemeinsamen Pressekonferenz avisierte Mückstein eine Evaluierung und Ausweitung der Angebote von Männerberatungsstellen.
Dass in den vergangenen vier Monaten neun Frauen von Männern ums Leben gebracht wurden, mache ihn als Vater von zwei Töchtern "traurig und wütend", sagte Mückstein am Sonntag vor Journalisten. "Mord ist Mord ist Mord. Es gibt da keine Grauzone und keinen Interpretationsspielraum", betonte der Minister. In seiner Ordination habe er als Arzt immer wieder verletzte Frauen erlebt, die vorgegeben hätten, die Treppe hinabgestürzt zu sein, und dann drei Monate später wieder mit einer Verletzung aufgetaucht seien, weil sie angeblich gegen einen Gegenstand gerannt waren. Aus "Angst und Scham" hätten sie sich nicht getraut, gegen die männlichen Täter Anzeige zu erstatten, auch die Überzeugung, die Familie schützen zu müssen, habe wohl eine Rolle gespielt, berichtete Mückstein, der bis zu seiner Ernennung als Minister für Gesundheit und Soziales in einer Gruppenpraxis in Wien-Mariahilf tätig war.
"Oberste Priorität hat der Opferschutz"
"Oberste Priorität hat der Opferschutz", hielt Mückstein fest. Zugleich müsse man aber "bei Männern ansetzen, bevor es zu Gewalt kommt", und dabei "nicht die Symptome behandeln, sondern die Wurzeln". Das traditionelle Männerbild, das mitunter ein "Hinschlagen, damit man sich durchsetzt", inkludiert, sei überholt. Dieser "falschen Männlichkeit" müsse man entgegentreten. Männer müssten "anerkennen, dass sie Hilfe brauchen, wenn Frustration und Angst in Hass und Aggression umschlagen". Es liege "in der eigenen Verantwortung des Mannes", in solchen Fällen entsprechend zu reagieren: "Wer in diesen Momenten Hilfe sucht, zeigt Stärke und ist dabei, das Problem zu lösen."
"Starke Rollenbilder" als Grundproblem
Diese Hilfe soll sich an Männer richten und Gewalt gegen Frauen thematisieren. "Starke Rollenbilder" seien hier das Grundproblem. Von Männern werde zu oft noch immer erwartet, "dass sie auch mal hinschlagen müssen, um sich durchzusetzen", so Mückstein.
Mückstein und Maurer waren sich einig, dass die bestehenden Opferschutzrechte grundsätzlich ausreichen, um von männlicher Gewalt betroffenen Frauen Schutz zu bieten. Es gehe nun aber darum, Mitarbeiter bei der Polizei, den Staatsanwaltschaften und Gerichten verstärkt in diesem Bereich zu sensibilisieren und den Informationsaustausch zwischen Polizei und Interventionsstellen bzw. Opferschutzeinrichtungen zu verbessern. Bei einem für Montag im Innenministerium anberaumten Sicherheitsgipfel zum Schutz von Frauen und Mädchen werde man besonderes Augenmerk auf sogenannte Hochrisikofallkonferenzen legen, die in sämtlichen Bundesländern verankert werden sollen, gab Maurer bekannt.
Es gehe "um potenzielle Täterarbeit, bevor Frauen zu Opfern gemacht werden", bemerkte Maurer zum Grundsätzlichen: "Der Hass gegen Frauen, der zu Mord führt, beginnt oft im Kleinen, bei der Sprache." Dem gelte es zu begegnen, "bevor Hass in Gewalt umschlagen kann". Hier seien die Männerberatungsstellen sowie Präventionsarbeit in den Schulen, insbesondere Berufsschulen, gefragt, erläuterte die Grünen-Klubobfrau. Klassische Rollenbilder – der Mann als Ernährer und Familienoberhaupt – müssten aufgebrochen und durchbrochen werden: "Wir brauchen eine breite Debatte, in allen Schichten."