Ein 39-Jähriger aus dem Bezirk Gänserndorf (NÖ) ist am Mittwoch wegen eines gewalttätigen Angriffs auf die Polizei während einer Großdemonstration gegen die Corona-Maßnahmen am Wiener Landesgericht verurteilt worden. Nach stundenlanger Verhandlung fasste der Mann wegen Widerstands gegen die Staatsgewalt und schwerer Körperverletzung eine unbedingte Geldstrafe von 2.000 Euro aus. Sein mitangeklagter Sohn wurde freigesprochen. Die Entscheidungen sind nicht rechtskräftig.
Richterin Alexandra Skrdla ging davon aus, dass der 39-Jährige am 31. Jänner 2021 bei einer großen, nicht genehmigten Demonstration gegen die Corona-Maßnahmen einen Polizeibeamten verletzt hatte. Als sich die Polizei auf der Mariahilfer Straße den Manifestanten in den Weg stellte, die Richtung Westbahnhof zogen, wollte der 39-Jährige dies nicht akzeptieren. Er marschierte weiter, worauf ihn eine junge Beamtin von hinten umklammerte, um ihn am Passieren zu hindern. Sie war dem Arbeiter körperlich unterlegen, so dass ihr ein kräftiger, groß gewachsener Kollege zu Hilfe kam. Diesem soll der Angeklagte einen kräftigen Schlag ins Gesicht versetzt haben, wodurch der Polizist eine Schädelprellung erlitt.
Der 39-Jährige hatte sich gemeinsam mit seinem Sohn auf den Weg in die Bundeshauptstadt gemacht. Er behauptete vor Gericht, er hätte sich ursprünglich nicht an der Demo beteiligen wollen und wäre zufällig in diese hineingeraten. An sich habe er nämlich eine medial kolportierte Feldmesse bzw. einen Gottesdienst im Freien besuchen wollen, weil er so etwas noch nie gesehen habe. Sein 20 Jahre alter Sohn erklärte wiederum, er sei mitgefahren, um mit seinem Vater Zeit verbringen zu können: "Das war längst überfällig. Ich wollte mit ihm gemeinsam etwas unternehmen." Die beiden leben zwar im selben Haus, "aber wir sehen uns kaum. Ich bin entweder in der Arbeit oder im Home Office", erklärte der Lehrling.
"Zufällig in die Demo geraten"
Die Feldmesse hätten sie nicht gefunden, dafür aber eine Fülle von "Leuten, quer durch die Gesellschaft", die von der Ringstraße zur Mariahilfer Straße zogen, gab der 39-Jährige zu Protokoll. Er und sein Sohn hätten sich - mehr oder weniger aus Neugierde - angeschlossen: "Ich weiß nicht, was die vorgehabt haben."
Auf der Mariahilfer Straße sei er dann vor einem Aufgebot der Polizei von der hinten andrängenden Menge "nach vorne gespült" worden. Was dann genau passiert sei, wisse er nicht mehr, führte der Mann ins Treffen. Er sei unter Adrenalin gestanden. Er habe jedenfalls "niemals" versucht, gegen die Polizei vorzugehen: "Ich hab' aktiv nie wen verletzen wollen. Ich bin auch der Meinung, dass ich das nicht gemacht habe."
Vielmehr sei er Opfer von Polizeigewalt, behauptete der 39-Jährige. Mehrere Beamte hätten ihn zu Boden gebracht, ihm einen Kniestoß verpasst und die Nase gebrochen.
Am Boden fixiert wurde der Mann jedoch erst, nachdem er gegen die Polizei vorgegangen war, wie Videoaufnahmen dokumentierten. Der Beamte, der dabei verletzt wurde, bekräftigte als Zeuge, er sei attackiert worden: "Ich gehe von einem Schlag aus. Sonst hätte ich nicht so eine Schädelprellung bekommen." Er habe den Dienst abbrechen und insgesamt fünf Tage hindurch Schmerzmittel nehmen müssen. Überdies trug der Polizist, der nach der Demo 13 Tage im Krankenstand verbrachte, eine Zerrung am Ellbogengelenk davon. Für die erlittenen Schmerzen bekam er vom Gericht 330 Euro zugesprochen.
Der mitangeklagte Sohn erklärte, er habe sich nur deshalb eingemischt, weil er mitbekam, wie seinem Vater Gewalt angetan wurde: "Ich hab' gesehen, wie drei oder vier Polizisten auf ihm hängen. Ich hatte extrem Angst um meinen Vater." Daher habe er "einen oder zwei Beamte" gestoßen, was er aber im Nachhinein als Fehler erkenne: "Ich dulde so ein Verhalten überhaupt nicht und distanziere mich davon."
Für die Richterin reichte am Ende die Beweislage nicht aus, um dem 20-Jährigen ein strafbares Verhalten nachzuweisen. Er wurde im Zweifel freigesprochen.