Ein 22-jähriger Tschetschene ist am Donnerstag am Landesgericht Eisenstadt zu dreieinhalb Jahren Haft verurteilt worden, weil er Videos der Miliz Islamischer Staat (IS) auf seinem Handy gespeichert und weitergeschickt haben soll. Außerdem wurden auf dem Handy des Asylwerbers Bilder, die den Nationalsozialismus verherrlichen, und Kinderpornos gefunden, erläuterte der Staatsanwalt. Das Geschworenengericht sprach den Angeklagten mit acht zu null Stimmen schuldig.
Richterin Birgit Falb betonte, dass das Zusammentreffen mehrerer Vergehen als erschwerend, das teilweise Geständnis als mildernd gewertet worden sei. Das Urteil ist nicht rechtskräftig. Der Staatsanwalt gab keine Erklärung ab.
Der 22-Jährige selbst bekannte sich vor Gericht teilweise schuldig. Die Staatsanwaltschaft warf dem Mann, der einen negativen Asylbescheid erhalten hatte, Beteiligung an einer terroristischen Vereinigung und kriminellen Organisation, Wiederbetätigung im nationalsozialistischen Sinn, das Vergehen der pornografischen Darstellung Minderjähriger sowie das Fälschen eines Ausweises vor. Auf seinem Handy hätten sich rund 600 Dateien zum IS, darunter Propaganda- und Foltervideos, befunden, erläuterte die Richterin.
IS-Lieder im Heim
Gefunden wurden sie laut Staatsanwaltschaft, weil der 22-Jährige im April 2019 in seiner Asylunterkunft in Eisenstadt aufgefallen war. Andere Bewohner hätten ausgesagt, dass er sich laut Lieder, die auch der IS verwende, anhöre. Er habe zwar nur einen Teil der Propagandavideos weitergeschickt, die Menge an gespeicherten Inhalten spreche aber dafür, dass er "Informationsmaterial für Interessenten" bereithalten wollte, meinte der Staatsanwalt. "Einen anderen Sinn kann es nicht haben, solche Mengen an Dateien auf seinem Handy zu speichern."
Der Verteidiger des Angeklagten betonte vor Gericht, dass der 22-Jährige in einer Whatsapp-Gruppe gewesen sei, in der Propagandamaterial verteilt wurde. Teilweise habe er dieses auch weitergeschickt. Am Handy gespeichert sei es aber nur deshalb, weil Fotos von Whatsapp automatisch gespeichert würden - "obwohl man das gar nicht aktiv abgespeichert hat", sagte der Verteidiger. Dasselbe gelte für die rund 90 Dateien, die den Nationalsozialismus verherrlichen, und die kinderpornografischen Inhalte auf dem Handy.
In den Gesprächen mit seinem Mandaten habe er sich immer gefragt: "Was bist du jetzt? Bist du jetzt dem Islam verfallen oder dem Neonazismus?" meinte der Verteidiger. "Er hat gesagt: 'Ich habe die bekommen und mir nichts dabei gedacht'. Und das glaube ich ihm auch." Man müsse auch sehen, dass der Angeklagte ein junger Mensch sei, der sich noch ändern könne.
Selbst "Folteropfer"
Der 22-Jährige erzählte vor Gericht, dass er in Tschetschenien inhaftiert und gefoltert worden sei, weil ihm ein Freund ein Video von einem systemkritischen Blogger geschickt habe. Mit 20 Jahren sei er deshalb nach Österreich gekommen, wo ein Bruder von ihm lebte. Ein anderer Bruder habe in Syrien für den IS gekämpft und sei 2016 gestorben. "Man hat das Gefühl, Sie eifern ihm nach", meinte Falb. "Natürlich, ich liebe meinen Bruder, aber nicht als Kämpfer", sagte der Angeklagte.
Zu den arabischen Kampfliedern, die er gehört haben soll, sagte der Angeklagte, dass er die Sprache gar nicht könne und den Text nicht verstehe. Mit dem Nationalsozialismus habe er "nichts zu tun. Das geht mich ja nichts an." Dass er die kinderpornografischen Bilder, die ihm geschickt wurden, nicht gelöscht habe, bereue er. "Ich habe nicht alles geöffnet. Ich habe mir nie so ein Video angeschaut."
Ein Ermittler des burgenländischen Landesamtes für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung (LVT) berichtete von zahlreichen Bildern und Videos von "Gräueltaten und ärgsten Misshandlungen bei lebendigem Leib". Viele Inhalte seien aus Chats auf dem Messengerdienst Telegram, bei diesen könne man nicht nachvollziehen, ob der Angeklagte sie weitergeschickt habe. Die Auswertung der beiden Handys des 22-Jährigen lege aber nahe, "dass er es zumindest angesehen haben muss", sagte der Beamte.
Auch abseits der für das Verfahren relevanten Inhalte habe der Angeklagte zahlreiche Bilder von Menschen, die etwa bei Unfällen sterben. "Man hat gesehen, dass einfach eine gewisse Sympathie zum Tod von Menschen da ist", sagte der Ermittler. Der 22-Jährige entschuldigte sich, er habe nicht nachgedacht. "Ich habe einen gravierenden, großen Fehler begangen, das ist mir jetzt bewusst. Einer ist dann gut, wenn er sich bessern kann und diesen Fehler nie mehr begeht", betonte er.