Mex M. aus dem Waldviertel ist ganz konkret von den Folgen der Klimakrise betroffen: Er leidet an Multipler Sklerose. Das Uhthoff-Syndrom, das bei vielen Erkrankten auftritt, sorgt dafür, dass seine Symptome bei wachsenden Temperaturen ansteigen. Sobald es draußen mehr als 25 Grad hat, erschlaffen seine Muskeln und M. ist auf den Rollstuhl angewiesen.
"Dadurch habe ich mit der Klimakrise ein großes Problem", erklärt der 40-Jährige. Der österreichische Staat schütze seine Grundrechte auf Leben und Gesundheit nicht adäquat. Deswegen zieht er jetzt mit einer Klimaklage gegen den Staat vor den Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR). Unterstützt wird M. von der Bewegung Fridays for Future, die sich um ein Crowdfunding kümmert, das die Verfahrenskosten übernehmen soll.
"Klimakrise ist kein rechtsleerer Raum"
Die Anwältin Michaela Krömer vertritt M.: "Mein Mandant steht beispielhaft für die Millionen von Menschen, die durch die Klimakrise sowohl heute als auch in Zukunft konkret betroffen sind. Die Klimakrise ist weder ein Schicksal, noch ein rechtsleerer Raum." Die jetzige Gesetzeslage kritisiert sie heftig: Das Pariser Klimaabkommen erinnere an einen "freiwilligen WG-Putzplan" und auch das österreichische Klimaschutzgesetz sei eines der "zahnlosesten und kürzesten Gesetze" in Österreich. Die Grund- und Menschenrechte seien hingegen konkrete Gesetze, aus denen sich Pflichten ableiten lassen würden.
Im Fall M. werde man zum Beispiel auf Basis des Artikel 2 (Recht auf Leben) Schutzplichten einfordern. Das Ziel der Klage sind Gesetzesänderungen. Schon 2020 hat M. sich einer von Greenpeace organisierten Sammel-Beschwerde gegen klimaschädliche Gesetze angeschlossen, welche beim Verfassungsgerichtshof aus formalen Gründen abgewiesen wurde.
Die aktuelle Beschwerde wird mit Unterstützung von nationalen und internationalen Rechtsexperten, darunter auch Ökobüro sowie Scientists For Future Österreich, verfasst. Auch der Umweltmediziner Hans Peter Hutter unterstützt die Klage. Er warnt davor, dass die negativen Auswirkungen der Klimakrise künftig stark steigen werden. Er sieht eine "enorme Betroffenheit" für die Land- und Forstwirtschaft, aber auch für all jene Menschen - besonders alte und kranke - die unter der Hitze leiden würden.
Urteil wäre "bahnbrechend"
Ende März soll die Klage eingereicht werden. Dann müsse sie zugelassen werden. Anwältin Krömer zeigt sich "sehr optimistisch". Für Fridays For Future wäre ein entsprechendes Urteil "bahnbrechend und könnte einen essenziellen Beitrag dazu leisten, unser Rechtssystem an die größte Herausforderung des Jahrhunderts, die Klimakrise, anzupassen". Klimaschutz, abgeleitet vom Recht auf Leben und Gesundheit, könnte dann als Menschenrecht anerkannt werden.
Hoffnung gibt auch, dass der EGMR kürzlich die Klimaklage sechs junger Portugiesen gegen 33 Staaten bewilligte. Die betroffenen Länder müssen sich nun zu dem Vorwurf äußern, nicht genug gegen den Klimawandel zu unternehmen.