Die Besitzer von Schafen, Ziegen, Rindern, Pferden, Schweinen und Hühnern fürchten mit der Rückkehr der großen Beutegreifer in den Alpen, dass Nutztiere ihnen vermehrt zum Opfer fallen. Nicht unbegründet, denn seit Wolf und Co. wieder durch Österreichs Wälder streifen, kam es immer wieder zu Tierrissen.
Der Herdenschutz rückt in den Fokus. Spezialisten sollen daher die Bauern im deutschsprachigen Alpenraum gezielt im Herdenschutz ausbilden, erklärte Max Rossberg von der European Wilderness Society anlässlich einer Herdenschutzkonferenz der deutschsprachigen Alpenländer. Die betroffenen Betriebe sollen ihre Herden dadurch nachhaltig schützen können.
Der Biobauernverband „Bio Austria Niederösterreich und Wien“ leitet dazu das von der EU mit knapp fünf Millionen Euro geförderte „LIFEstockProtect“. Er will seine Mitglieder informieren, welche Möglichkeiten es gibt, die Nutztiere vor Angriffen der Beutegreifer zu schützen. „Biobauern sind besonders betroffen, weil sie verpflichtend Weidehaltung im Grünland betreiben müssen und ihre Tiere nicht einfach in den Stall treiben können, wenn der Wolf kommt“, so Rossberg.
In den kommenden fünf Jahren sollen Herdenschutzexperten aus der Landwirtschaft über 1000 Personen in 180 praktischen Kursen ausbilden, erklärte er. Jeder Nutztierhalter könne sich dazu anmelden. Weiters will man etwa die Hirtenausbildung forcieren. Diese solle an den landwirtschaftlichen Schulen angesiedelt werden. Man sei gerade dabei, die Kontakte herzustellen, erklärte Albin Blaschka vom Österreichzentrum Bär, Wolf, Luchs. In Bayern etwa sei die Ausbildung ein dreijähriger Lehrberuf. Wie genau das in Österreich aussehen soll, ist noch in der Entstehung.
Aber auch auf tierische Unterstützung möchte man setzen. Es soll ein Zucht- und Ausbildungsprogramm für Herdenschutzhunde entwickelt werden. „Hunde sind aber nicht die erste Wahl beim Herdenschutz, sie kommen nur dann zum Einsatz, wo weder eine schützende Einzäunung funktioniert noch ein Hirte ausreicht, weil etwa der Wolfsdruck zu stark ist“, sagte Rossberg. Auch bei der Identifikation der „Täter“ nach einem Riss sollen Hunde zum Einsatz kommen, so Bea Maas vom Verein Naturschutzhunde. Wenn irgendwo ein durch Bissverletzungen gestorbenes Nutztier liegt, würde es oft lange dauern, eine Erbgutprobe zu nehmen und mit Labortests herauszufinden, wer es gerissen hat ist, so Rossberg.
Auf Wolfsgeruch ausgebildete Hunde könnten mit mehr als 80-prozentiger Sicherheit in kürzester Zeit anzeigen, ob ein Tier von einem Wolf angegriffen wurde oder nicht. Dadurch kann der Bauer bei Bedarf sofort adäquate Herdenschutzmaßnahmen ergreifen, ohne befürchten zu müssen, dass der ganze Aufwand im Fall eines falschen Alarms nicht gegen den Wolf, sondern „für die Katz‘“ ist.
Im Rahmen des Projekts wolle man auch Touristen aufklären, wie man sich etwa bei einer möglichen Begegnung mit einem Herdenschutzhund verhält. Er behütet nämlich seine Herde wie eine Mutterkuh ihr Kalb, das man deswegen etwa auch nicht streicheln dürfe, erklärte Rossberg.
Maria Schaunitzer