Jedes Jahr verletzten sich in Österreich mehr als 2.200 Menschen bei Rodelunfällen, in der vergangenen Wintersaison starben fünf Menschen. Schon bei geringen Geschwindigkeiten kann man sich bei einem Rodelunfall ohne Helm schwere Verletzungen zuziehen. Das ergab nun ein computersimulierter Crasthtest der TU Graz gemeinsam mit dem Kuratorium für Verkehrssicherheit (KFV). Fazit der Experten: Rodeln nur mit Helm und Kinder sollen hinten sitzen.
Crashtests kennt man eigentlich nur von der Verkehrssicherheitsforschung. Forschende des KFV (Kuratorium für Verkehrssicherheit) und des Instituts für Fahrzeugsicherheit der TU Graz untersuchten nun anhand von Berechnungen und Computersimulationen mit virtuellen Menschmodellen, welche Maßnahmen das Verletzungsrisiko beim Rodeln verringern können. Ohne Helm sind tödliche Kopfverletzungen bei Kollisionen beispielsweise mit einem Baum schon bei geringen Geschwindigkeiten möglich. Das Tragen eines Helmes und die richtige Sitzposition verringern das Verletzungsrisiko für Kinder beim Rodeln dramatisch.
Ab 26. Dezember geht Österreich wieder in den Lockdown. Sport im Freien bleibt weiterhin erlaubt. "Rodeln ist beliebt. Die Ergebnisse unserer Crash-Simulation sind alarmierend. Denn die Sicherheit eines einfachen Rodelausflugs ist trügerisch, spätestens dann, wenn man ohne Helm auf ein annähernd starres Hindernis wie einen Baum trifft", sagte KFV-Sprecherin Johanna Trauner-Karner.
Risiko schon ab zehn Stundenkilometer
Die Simulationen zeigen deutlich: Bei Kindern, die ohne Helm rodeln, besteht bereits ab ungefähr zehn km/h ein erhebliches Risiko für schwere Kopfverletzungen. Ab einer Geschwindigkeit von circa 20 km/h steigt zu den Kopfverletzungen zudem das Risiko für Rippen- und Oberschenkelfrakturen. "Die Untersuchungen belegen, dass ein Helm das Kopfverletzungsrisiko deutlich reduziert - und zwar unabhängig von der Geschwindigkeit und unabhängig davon, ob die Person frontal oder seitlich gegen ein Hindernis prallt", erläuterte Stefan Smit, Forscher am Institut für Fahrzeugsicherheit.
Einfluss auf den Verletzungsgrad bei Kindern hat außerdem deren Sitzposition, wenn sie gemeinsam mit Erwachsenen rodeln: Sitzt das Kind vorne am Schlitten, besteht neben dem Kopfverletzungsrisiko auch ein erhebliches Risiko für Verletzungen des Thorax bzw. der Oberschenkel des Kindes, ergab der Crashtest. "In allen unseren Simulationsszenarien wurde das Kind durch den dahinter sitzenden Erwachsenen förmlich in den Baum 'gedrückt'. Während für den Kopf schon allein der Anprall am Baum kritisch ist, sind Thorax und Oberschenkel durch das Gewicht der erwachsenen Person und durch die Interaktion mit dem Schlitten so einer extremen zusätzlichen Belastung ausgesetzt", sagte Smit. Das Kind wird zwischen Baum und Erwachsenen eingeklemmt. Sitzt das Kind hingegen hinten, hat es mit dem Rücken der erwachsenen Person mehr oder weniger einen zusätzlichen Aufprallschutz für den Kopf, zumal der Rücken naturgemäß weicher ist als ein Baum oder eine Liftsäule.
Die Forschenden verwendeten für ihre Untersuchungen virtuelle Modelle (Finite Elemente Modelle) des menschlichen Körpers. Diese wurden in einer typischen Rodelhaltung auf einem Schlittenmodell platziert. Als Unfallszenario wurde der Anprall an einem Baum gewählt, eine der häufigsten Ursachen für schwere und tödliche Rodelunfälle. Diese Unfallsituation wurde mit verschiedenen Anprallgeschwindigkeiten und unterschiedlichen Anprallwinkeln simuliert. Zur Bewertung des Schutzeffekts eines Helmes wurden Simulationen eines allein fahrenden Kindes sowohl mit als auch ohne Helm durchgeführt. In den Simulationen, in denen das Kind den Schlitten gemeinsam mit einer erwachsenen Person benutzte, saß das Kind einmal vorne und einmal hinten. Das Verletzungsrisiko wurde auf Basis etablierter Verletzungskriterien bewertet.