Der Klimaschutz-Index CCPI dreier NGOs hat 2020 erneut Schweden als Sieger und mit den USA auf dem letzten Platz auch das Schlusslicht des Vorjahres. Greta Thunbergs Heimat ist schon das dritte Mal infolge ganz vorne. Das bedeutet aber nicht den ersten Platz, denn die "Stockerlplätze" blieben wieder unbesetzt: kein Staat sei beim Klimaschutz vorbildlich genug. Österreich verbesserte sich von Platz 38 auf Platz 35, geht aus dem am Montag veröffentlichten Ranking hervor.
"Mit diesem Ergebnis können wir nicht zufrieden sein", hielt Umwelt- und Verkehrsministerin Leonore Gewessler (Grüne) in einem Statement gegenüber der APA fest, die klimapolitische Aufholjagd werde gestartet, ein Rekordbudget für den Klimaschutz sei bereits sichergestellt "Wir besteuern umweltschädliche Spritfresser höher und fördern saubere E-Autos. Und wir haben das Gesetz für die Energiewende auf den Weg gebracht. Aber darauf werden wir uns nicht ausruhen. 2021 werden wir mit dem 1-2-3-Klimaticket starten. Wir werden die nächsten Schritte auf dem Weg zum ökologischen Steuersystem gehen", so die Ministerin. Beim Verkehr gelte es Öffis zu stärken und der E-Mobilität zum Durchbruch verhelfen.
Fehlende Taten
Laut der Meinung von Global 2000 mangelt es noch an den Taten: Österreich gehört weiterhin zu den "low performern" und der Klima- und Energiesprecher der NGO, Johannes Wahlmüller ortet in der Klimapolitik nach wie vor großen Aufholbedarf: "Zwar finden sich im aktuellen Regierungsprogramm so viele Klimaschutzvorhaben wie noch nie, aber der Großteil davon ist noch nicht umgesetzt. Ein klarer Umsetzungsfahrplan und eine Vorziehung der öko-sozialen Steuerreform sind absolut notwendig. Nur so kann Österreich rasch zu den internationalen Leistungsträgern beim Klimaschutz aufschließen."
Die Gründe für die Position Österreichs sind die Folge mehrerer "Baustellen", die WWF-Klima- und Energiesprecher Karl Schellmann auflistet, nämlich den "viel zu hohen Energieverbrauch über die autozentrierte Verkehrspolitik bis zum falsch ausgerichteten Steuersystem. Dazu kommt die starke Zersiedelung und der extreme Bodenverbrauch von im Schnitt 13 Hektar pro Tag", nennt er einen bis dato wenig berücksichtigten Faktor.Von Greenpeace-Klimaexperten Adam Pawloff erhielt Österreichs Platzierung das Prädikat "beschämend", jedoch blickt Pawloff bereits in die Zukunft, nämlich zum EU-Ratsgipfel, der diese Woche die Klimaziele der EU fixieren soll: "Da wird sich zeigen, ob die Bundesregierung ihren großen Worten endlich Taten folgen lässt. Österreich hat sich dazu verpflichtet, eine ambitionierte Klimapolitik in Europa voranzutreiben. Dazu zählt, sich für ein möglichst starkes Klimaziel einzusetzen. Für die EU heißt das, bis 2030 brauchen wir eine Reduktion von 65 Prozent CO2-Ausstoß gegenüber 1990 um das 1,5 Grad Ziel zu erreichen. Gleichzeitig müssen Schlupflöcher, die zu einer Abschwächung der Klimaschutzbemühungen führen würden, unbedingt geschlossen werden - hier ist die Position Österreichs derzeit schlicht unzureichend." Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) sei diesbezüglich "in der Pflicht".
Ob der Gipfel den erhofften großen Fortschritt in der Klimapolitik bringt, war zuletzt noch offen: Noch unterstützen nicht alle 27 Staaten den Vorschlag der EU-Kommission, den Ausstoß von Treibhausgasen bis 2030 um mindestens 55 Prozent unter den Wert von 1990 zu senken. Polen und andere mitteleuropäische Staaten, die stark auf Kohle angewiesen sind, haben Vorbehalte und fordern finanzielle Hilfe.
"Desaströses Abschneiden" der USA
Nachbar Deutschland hat im Klimaschutz-Index vier Plätze gutgemacht und liegt nun auf Platz 19 - aber noch hinter Staaten wie Indien, Chile und Marokko. Die Gesamtbewertung lautet weiter nur "mittelmäßig", wie die Autoren des Klimaschutz-Index von Germanwatch, dem Climate Action Network (CAN) und des New Climate Institute am Montag mitteilten. "Desaströs" nannten die Organisationen das Abschneiden der USA: Zum Ende der Amtszeit von Präsident Donald Trump liegen sie zum zweiten Mal in Folge ganz am Ende der Liste von 57 Staaten und der EU - noch hinter Saudi-Arabien und dem Iran.
Spitzenreiter bleibt demnach Schweden, gefolgt von Großbritannien, Dänemark, Marokko, Norwegen und Chile. Die Autoren sehen auch ermutigende Signale. So könnte der Höhepunkt bei den weltweiten Emissionen von Kohlendioxid erreicht sein, erklärten sie. Der Index betrachte noch die Emissionen vor Beginn der Corona-Pandemie, zeichne also kein verzerrtes Bild. Demnach stiegen die Emissionen insgesamt nur noch ganz leicht an, in mehr als der Hälfte der betrachteten Staaten sanken sie.
EU verbessert sich
Während vor allem die skandinavischen EU-Staaten, Aufsteiger Portugal und die EU selbst mit recht guten Noten in der Top-Region zu finden seien, gebe es mit Ungarn, Polen, Tschechien, Slowenien und Zypern auch Ausreißer nach unten. Jan Burck von Germanwatch, einer der Hauptautoren, forderte, die EU müsse ihren Wiederaufbau nach der Corona-Krise möglichst grün und nachhaltig ausrichten.
In der Gesamtwertung konnte sich die EU um sechs Plätze auf Rang 16 verbessern, allerdings fast ausschließlich dank einer stark besser bewerteten Klimapolitik. "In der Platzierung stecken also ein paar Vorschuss-Lorbeeren", sagte Burck. An diesem Samstag folgt dann eine Online-Konferenz der Vereinten Nationen und der britischen Regierung - anstatt des coronabedingt auf 2021 verschobenen UN-Weltklimagipfels. Die jährliche Konferenz hätte im November im schottischen Glasgow zusammenkommen sollen.