Es klingt zunächst skurril. Erst vergangene Woche hat die Finanzpolizei wieder eine illegale Teigtascherl-„Fabrik“ in Wien ausgehoben. In zwei nebeneinanderliegenden Wohnungen stellten die Behörden rund 600 Kilogramm Teigtascherl, Reis in riesigen Mengen, Fisch in trübem, abgestandenem Wasser sowie Mehl und andere benötigte Zutaten sicher. Dabei wurden katastrophale hygienische Bedingungen vorgefunden.
Nicht das erste Mal wurden die Beamten heuer fündig. Bisher konnten an zwölf Standorten insgesamt 1,2 Tonnen Teigtascherl beschlagnahmt werden. Und es gab elf Festnahmen durch die Fremdenpolizei, wie Wilfried Lehner, Leiter der Finanzpolizei, erklärt. Der Hintergrund dieser „Fabriken“ deutet auf mafiöse Strukturen und ein menschenverachtendes System hin. „Wir haben die dringende Vermutung, dass vor allem Menschen, die im Asylverfahren sind, dadurch ihre Schulden an Schlepper begleichen“, erzählt Lehner.
Auch im Schlepperbericht Thema
Auch der Schlepperbericht des Innenministeriums bestätigt dies: Neben Prostitution und Bettelei spiele auch Arbeitsausbeutung eine Rolle – neu beobachtet wurde 2019 die illegale Fertigung von Teigtaschen: „Chinesische Staatsangehörige produzierten in Wiener Wohnungen Mengen von bis zu 10.000 Stück und lieferten sie abgepackt an chinesische Restaurants und Supermärkte. Die Ermittlungen gestalten sich aufgrund des weitreichenden Umfangs als äußerst schwierig, es wird sowohl wegen Menschenhandels als auch Schlepperei ermittelt“, heißt es dazu im Bericht.
Vonseiten der Finanzpolizei gehe man davon aus, dass es sich aufgrund der immer selben Vorgehensweise und Ausstattungen der Fabriken um eine Organisation im großen Stil handle. „Wir arbeiten daher eng mit dem Bundeskriminalamt zusammen“, sagt Lehner.
Warum man sich gerade auf Teigtascherl spezialisiert habe, lässt sich einfach erklären: „Jeder kann die Herstellung rasch lernen, und offenbar gibt es hier einen großen heimischen Markt. Es scheint ein lukratives Geschäft zu sein, denn man müsse davon ausgehen, dass mehrere Tonnen pro Jahr illegal hergestellt werden“, sagt der Finanzpolizist. Die genaue Produktionskette könne man meist nicht nachvollziehen, aber die Finanzpolizei geht davon aus, dass Abnehmer größtenteils Asia-Shops und Restaurants in Österreich sind.
Beim Aufdecken der illegalen „Fabriken“ sei man stark auf die Mithilfe der Bevölkerung angewiesen. Die Produktionsstätten befinden sich ausschließlich in privaten Wohnungen, hier könnte die Finanzpolizei nicht so einfach zugreifen.
Maria Schaunitzer