In der Causa rund um das Corona-Krisenmanagement in Ischgl hat die Staatsanwaltschaft Innsbruck ein Ermittlungsverfahren gegen vier Personen eingeleitet. Dies sagte ein Sprecher der Anklagebehörde der APA und bestätigte einen Bericht des ORF Tirol.
Die Innsbrucker Staatsanwaltschaft ermittelt in der Causa Ischgl neben drei weiteren Personen auch gegen den Ischgler Bürgermeister Werner Kurz. Dies berichtete der "Standard" (Online-Ausgabe) am Mittwoch, nachdem die Anklagebehörde die konkreten Ermittlungen bestätigte. Das Land Tirol wollte indes gegenüber der APA etwaige Ermittlungen gegen den Landecker Bezirkshauptmann Markus Maaß nicht verifizieren.
Laut "Standard" gehe es im Fall von Kurz um die Verordnung zur Schließung der Liftanlagen. Diese habe der Bürgermeister am 14. März in Absprache mit der Bezirkshauptmannschaft Landeck ausgehängt - "ganze drei Tage nachdem die Verordnung bei ihm eingetroffen sein soll". In den Ermittlungen laufe dieser Sachverhalt ebenfalls unter die verkehrseinschränkenden Maßnahmen.
Im Fall von Maaß verwies das Land auf die Stellungnahme der Staatsanwaltschaft. Diese stellte jedoch klar, dass keine Auskünfte über Beschuldigte erteilt werden. Das Land wies erneut darauf hin, dass es "großes Vertrauen in die heimische Justiz" habe und die Ermittlungen "bestmöglich unterstützen" werde.
Allgemeine Vorwürfe
Konkret geht es um die vorsätzliche oder fahrlässige Gefährdung von Menschen durch übertragbare Krankheiten. Bereits Ende August hatte die "Tiroler Tageszeitung" von eingeleiteten Ermittlungen gegen Maaß und zwei weiteren Mitarbeitern der Bezirkshauptmannschaft sowie Kurz berichtet. Damals bestätigte die Staatsanwaltschaft jedoch das Ermittlungsverfahren gegen konkrete Personen noch nicht.
Die Ermittlungen hätten sich nach Prüfung der in über 10.000 Seiten Beweismaterial dokumentierten Abläufe nunmehr konkretisiert, hieß es. Insbesondere werde die Umsetzung von Verordnungen in Bezug auf Verkehrsbeschränkungen in Ischgl, die zur plötzlichen Ausreise hunderter Urlaubsgäste, bzw. die Quarantäne im Paznauntal näher geprüft. Laut Staatsanwaltschaftssprecher Mayr gebe es verschiedene Versionen, wann die Verordnungen in Kraft getreten sind, wie sie verlautbart wurden und wie damit umgegangen wurde.
Ein Fall mit Folgen
In Ischgl war es zu einem größeren Ausbruch des Coronavirus gekommen. Die ersten Fälle waren Anfang März bekannt geworden, die Ansteckungen sollen vor allem in Apres-Ski-Lokalen passiert sein. Den Behörden wurde vorgeworfen, zu spät und nicht umfassend genug reagiert zu haben. Der Verbraucherschutzverein (VSV) brachte eine Sachverhaltsdarstellung bei der Staatsanwaltschaft Innsbruck ein, die sich unter anderem auch gegen Landeshauptmann Günther Platter (ÖVP), Landesrat Bernhard Tilg (ÖVP), Landessanitätsdirektor Franz Katzgraber, Bürgermeister und Seilbahngesellschaften richtete.
Mehr als 6.000 Tirol-Urlauber aus 45 Staaten hätten sich beim VSV als Geschädigte gemeldet. Die Anklagebehörde leitete daraufhin wegen des Verdachts der Gefährdung von Menschen durch übertragbare Krankheiten ein Ermittlungsverfahren, zunächst gegen Unbekannt, ein. Zudem wurde eine Untersuchungskommission unter dem Vorsitz des ehemaligen OGH-Vizepräsidenten Ronald Rohrer eingerichtet. Deren Bericht soll am 12. Oktober präsentiert werden. Eine Antikörperstudie der Medizinischen Universität Innsbruck zeigt indes, dass 42,4 Prozent der Ischgler Bevölkerung bereits eine Infektion mit dem Coronavirus durchgemacht haben dürfte.