Am Landesgericht Wiener Neustadt hat Dienstagfrüh der Prozess rund um die Bluttat mit drei Toten in Kottingbrunn (Bezirk Baden) begonnen. Ein 31-Jähriger musste sich vor Geschworenen verantworten, weil er am 27. Oktober 2019 seine Familie ausgelöscht haben soll. Laut Anklage tötete er zunächst die 29-jährige Ehefrau und dann seine beiden Kinder.

Der Mann, der von Wolfgang Blaschitz anwaltlich vertreten wurde, war wegen dreifachen Mordes angeklagt. Ihm droht lebenslange Haft. Aufgrund einer Persönlichkeitsstörung beantragte die Staatsanwaltschaft zusätzlich eine Einweisung in eine Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher nach Paragraf 21 Absatz 2 StGB. Er bekannte sich schuldig.

31-Jähriger soll nach Scheidungsandrohung Frau und Kinder getötet haben

Die Eheleute waren seit sechs Jahren verheiratet. "Es war eine Liebesheirat", sagte der 31-Jährige dem Schwurgericht (Vorsitz: Birgit Borns). "Wir waren eine glückliche Familie". Als die Kinder das Licht der Welt erblickten, kam es allerdings immer wieder zu Streitigkeiten, vor allem wenn es um die Kindererziehung ging. Der Angeklagte bezeichnete die Beziehung dann als "konfliktfreudig und sehr schwierig". Der Österreicher mit türkischen Wurzeln hätte die Kinder gerne in die Koranschule geschickt, was die recht selbstständige Frau - sie hatte zwei Jobs - verweigerte. Die Zweifachmutter kritisierte auch, dass der 31-Jährige nicht mehr im Haushalt helfen wollte und den Kontakt mit den Schwiegereltern verweigerte. "Ich war immer der Außenseiter in der Familie." Mehrfach stand eine Trennung im Raum. Die Frau verlangte erstmals nach der Geburt des ersten Kindes die Scheidung. "Ich hab' versucht, mich zu ändern, aber es hat nichts geholfen", sagte der Mann. "Und ich konnte mir eine Trennung nicht vorstellen."

Am Abend vor der Bluttat kam es erneut zu einer Auseinandersetzung. "Meine Frau war sehr dominant zu Hause", sagte der Beschuldigte. Weil der 31-Jährige deshalb nicht schlafen konnte, holte er sich frühmorgens einen Apfel, ein Schneidbrett und ein Messer aus der Küche und ging wieder ins Obergeschoß des Reihenhauses. Als dort seine Ehefrau erneut von Scheidung sprach, soll der Mann "aus Angst, seine Familie zu verlieren und nicht mehr geliebt zu werden" mit dem Messer mit einer 20,5 Zentimeter langen Klinge auf die Frau eingestochen haben, führte die Staatsanwältin aus.

Er sei von der Frau geschubst worden, da habe er "aus Reflex" zugestochen, meinte der Angeklagte: "Der Stoß, den sie mir zugefügt hat, war der Punkt, wo ich gesagt habe, das reicht jetzt." Die vier Stiche waren tödlich.

An den genauen Tathergang bei der Tötung der Kinder wollte sich der Angeklagte bei der Verhandlung nicht mehr erinnern, wie er emotionslos ausführte. "Ich wollte nicht, dass die Kinder in eine fremde Familie kommen", sagte der 31-Jährige. Laut Anklage versetzte er seiner zweieinhalbjährigen Tochter ebenfalls zwei Stiche. Das Mädchen verblutete innerlich. Schlussendlich hielt er seinem Sohn mit der Hand den Mund und die Nase zu, sodass er zu ersticken drohte. Der elf Monate alte Bub konnte von alarmierten Rettungskräften - der 31-Jährige holte selbst die Polizei - noch reanimiert werden, doch im Krankenhaus erlag er dem massiven Sauerstoffmangel.

Vor den Ermittlern hatte der Mann angegeben, es habe sich um einen "Ehrenmord" gehandelt. Er hätte das Gefühl gehabt, seine Frau würde ihn betrügen. Die Privatbeteiligtenvertreterin Barbara Steiner schloss sich im Namen der Hinterbliebenen dem Verfahren an. Die Anwältin kündigte an, dass die Angehörigen im Zuge der Verhandlung eine Erklärung abgeben wollen. Während der Aussage des Beschuldigten machte ein Familienmitglied bereits seinem Unmut Luft: "Ich halte das nicht aus. Was hat er den Kindern angetan?", sagte er lautstark. "Und was er vorher vom Islam gesagt hat, da ist Töten verboten." Weil der Mann weiter schimpfte, musste er den Saal verlassen.

Der psychiatrische Sachverständige Manfred Walzl bescheinigte dem 31-Jährigen in seinem Gutachten eine "kombinierte Persönlichkeitsstörung mit ausgeprägten narzisstischen bzw. auch dissozialen Anteilen" und ein Simulationsverhalten. Zudem sei davon auszugehen, dass der Mann "mit großer Wahrscheinlichkeit zu neuerlichen Tathandlungen mit schweren Folgen gegen Leib und Leben" neigen werde. Die Unterbringung in einer Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher gemäß Paragraf 21 Absatz 2 StGB wurde daher vom Sachverständigen empfohlen.

Emotionale Aussagen der Angehörigen 

Mit leisen Worten hat Dienstagnachmittag die Mutter der getöteten 29-Jährigen über ihre Tochter gesprochen. "Sie liebte es Mutter zu sein. Sie lebte für ihre Kinder", berichtete die 51-Jährige im Zeugenstand. Sie habe ihren Schwiegersohn "wie ein fünftes Kind in der Familie aufgenommen".

Probleme zwischen den Eheleuten sah die 51-Jährige nicht. "Er hat halt nicht im Haushalt geholfen, er hat immer nur gesagt: 'Ich bin von der Arbeit gekommen. Ich muss mich ausruhen.'" Als sich allerdings die Schwester des 31-Jährigen scheiden ließ, konfrontierte auch er seine 29-jährige Ehefrau immer wieder damit, ob sie ähnliche Pläne hätte. Scheidung wäre für ihre Tochter kein Thema gewesen. "Sie hat sogar darüber nachgedacht, ein drittes Kind zu bekommen", sagte die 51-Jährige. Auch die 19-jährige Schwester der Getöteten beteuerte: "Die Ehe war gut."