Der Oberste Gerichtshof (OGH) hat ein erstinstanzliches Urteil des Wiener Landesgerichts bestätigt, demzufolge ein 63-jähriger Mann seine schwerkranke Stieftochter seit November 2018 wiederholt in einem Pflegeheim missbraucht hat. Der Nichtigkeitsbeschwerde des Mannes komme keine Berechtigung zu, befand ein Fünf-Richter-Senat unlängst in nichtöffentlicher Sitzung.
Die 47 Jahre alte Frau war aufgrund einer besonders aggressiven Form von multipler Sklerose in einem Heim untergebracht und konnte sich zuletzt nicht mehr bewegen und nicht kommunizieren. Sie war daher nicht in der Lage, sich zur Wehr zu setzen, als ihr Stiefvater sich an ihr zu vergehen begann.
Pflegepersonal schöpfte Verdacht
Der Missbrauch flog auf, weil das Pflegepersonal mit der Zeit einen Verdacht in Richtung sexueller Übergriffe schöpfte. Der Stiefvater besuchte die Frau jeden Freitag, unmittelbar danach wirkte die Betroffene oft außergewöhnlich unruhig. Schließlich wurde im Zimmer der Patientin heimlich eine Kamera installiert. Im Juli 2019 wurde der 63-Jährige bei 40-minütigem Sex mit der Stieftochter gefilmt. Die Heimleitung erstattete nach Ansicht des Materials Anzeige, der Stiefvater wanderte in U-Haft.
In seiner Verhandlung behauptete der Täter, er habe mit Zustimmung seiner Stieftochter gehandelt, die mit ihm per Augenzwinkern kommuniziert hätte. Er habe ihr nur Gutes tun wollen: "Mein Ziel war es, ihre Lebensqualität zu verbessern." Diese Verantwortung wurde nach Ansicht des Erstgerichts vom Videomaterial eindeutig widerlegt.
Mit der OGH-Entscheidung ist der Schuldspruch wegen sexuellen Missbrauchs einer wehrlosen Person rechtskräftig. Ob es bei der vom Erstgericht verhängten Strafe von achteinhalb Jahren bleibt, muss das Wiener Oberlandesgericht entscheiden, dem der OGH die Strafberufung zuwies. Die Stieftochter ist mittlerweile verstorben, wurde der APA bestätigt.