Das Tourismusland Kroatien versucht angesichts steigender Infektionszahlen im Land zu beruhigen. Länder wie Österreich, die zuletzte Reisebeschränkungen eingeführt haben, will Zagreb zu einer Entschärfung der Maßnahmen bewegen. "Wir kommunizieren intensiv, dass die Situation mit den Infektionszahlen nicht überall in Kroatien gleich ist", sagte der kroatische Innenminister Davor Bozinovic am Montag.
Die Lage sei von Region zu Region unterschiedlich. "Insbesondere in Regionen, wo die meisten österreichischen Touristen hinreisen, ist die Lage sehr günstig", versicherte der Innenminister, der auch den nationalen Corona-Krisenstab leitet, laut Regionalsender N1. "Österreichische Behörden wissen das. Ob sie diese Tatsache wegen ihrer Bürger auch berücksichtigen werden, liegt bei ihnen. Das ist ihre souveräne Entscheidung", sagte Bozinovic.
Auch der kroatische Gesundheitsminister Vili Beros warb in einem Interview mit dem "Kurier" (Montagsausgabe) dafür, dass Österreich seine Reisewarnung auf einige Regionen beschränken solle. Mit einer "partiellen Reisewarnung" könne Österreich die spezifische epidemiologische Lage in den einzelnen der insgesamt 21 kroatischen Regionen (Gespanschaften) berücksichtigen. "In zwölf haben wir eine sehr geringe Zahl an Neuinfektionen: weniger als zehn. In drei sogar nur einen Infektionsfall, und in drei weiteren Gespanschaften je drei Fälle. Diese Daten sprechen doch eindeutig dafür, dass Kroatien von Gespanschaft zu Gespanschaft partiell betrachtet werden und auf gar keinen Fall zu einem einzigen Corona-Hotspot ausgerufen werden sollte", so Beros.
Der Chef des Instituts für öffentliche Gesundheit, Krunoslav Capak, übte ebenfalls nur indirekt Kritik, indem er am Montag daran erinnerte, dass Kroatien zu Beginn der Pandemie den Großteil von Infektionen aus italienischen und österreichischen Skigebieten importiert habe. "Der Sommer geht zu Ende, die Skisaison kommt wieder und damit auch epidemiologische Maßnahmen des kroatischen Instituts", sagte er laut N1.
Botschafter in Wien: "Blitzentscheidung"
Der kroatische Botschafter in Wien, Daniel Gluncic, hat gegenüber der APA die seit Mitternacht geltende coronabedingte Reisewarnung für Kroatien als "Blitzentscheidung" bezeichnet, die Kroatien sowie die zurückkehrenden Urlauber vor eine enorme Herausforderung gestellt habe. Eine partielle Reisewarnung wäre leichter zu meistern gewesen, so Gluncic.
Die Schnelligkeit der Entscheidung habe alle schockiert. Nicht einmal innerhalb von 24 Stunden sei diese gefallen. Seitdem hätten sie intensive Gespräche mit den österreichischen Kollegen gestartet, insbesondere mit dem Gesundheitsministerium, welches großes Verständnis gezeigt habe. "Wir hoffen wirklich, dass diese Entscheidung nochmal überdacht wird zu gegebenem Zeitpunkt und dass man doch auf eine partielle Reisewarnung eingeht, das hoffen wir sehr", betonte Gluncic. Die partielle Reisewarnung sieht er auch auf europäischer Ebene als Lösungsansatz für etwaige Probleme im Herbst.
In Kroatien sei es zu einer "kurzfristigen Erhöhung" der Infektionszahlen gekommen. Die Situation sei aber nicht viel schlechter oder besser als woanders, wo es steigende Zahlen gebe. Zusätzliche Maßnahmen würden eingeführt werden, allerdings nicht für das gesamte Land, sondern für entsprechende Gebiete bzw. Verwaltungsbezirke. Im Grunde genommen gehe man auch in die Richtung eines Ampelsystems wie in Österreich.
760.000 Touristen derzeit
Trotz der Reisebeschränkungen für Kroatien-Urlauber, die zuletzt Österreich und Italien verhängten und auch Slowenien überlegt, macht sich der kroatische Innenminister aber keine Sorgen über die Fortsetzung der Tourismussaison. "Es gibt derzeit 760.000 Touristen in Kroatien. Innerhalb von einem Tag kamen Zehntausende EU-Bürger nach Kroatien," betonte er laut Medien am Sonntagabend.
Auf der anderen Seite berichten Medien, dass etwa in Dalmatien die Abreise von österreichischen Touristen zu spüren sei und Reservierungen storniert würden. Der Leiter des regionalen Tourismusverbands der Gespanschaft Split-Dalmatien, Josko Stella, bestätigte gegenüber N1, dass einige Hotels auf der Insel Brac, die traditionell stark von Österreichern besucht wird, nach der österreichischen Reisewarnung ihre Schließung angekündigt haben.
In Kroatien liegt die aktuelle Reproduktionszahl derzeit bei 1,84. Am Montag gab der nationale Krisenstab bekannt, dass in den letzten 24 Stunden 85 Neuinfektionen registriert wurden, allerdings wurden in dieser Periode nur 990 Tests gemacht, hieß es. Am Sonntag waren 151 Neuinfektionen registriert worden.