Es war ein lautes, weithin hörbares Wecksignal, als am Freitag um 15 Uhr ein Kanon aus 3000 Kirchenglocken in ganz Österreich und Südtirol einsetzte. Fünf Minuten lang hat – laut Caritas – das Läuten auf den Hunger in einer Welt im Angesicht der Pandemie aufmerksam gemacht.
Menschen wurden animiert, ein Video oder eine Story davon zu erstellen und diese mit dem Hashtag #GlockenGegenHunger auf Facebook oder Instagram zu teilen. Über Social Media sollten Freunde darauf aufmerksam gemacht werden, was hinter dem Läuten der Glocken steckt. Wer spenden will (www.caritas.at) schenkt bedürftigen Familien in Afrika Lebensmittelpakete, eine Ziege oder Hygiene-Sets mit Seife, Schutzmaske und Desinfektionsmittel. „Vor der bedrückenden Situation in Afrika und vielen Ländern des globalen Südens dürfen wir Augen und Ohren nicht verschließen“, betont Caritas-Bischof Benno Elbs. Durch Konflikte und Klimakrise war die Not schon vor Corona groß. Ob der Covid-19-Ausgangsbeschränkungen und Heuschreckenplagen wurde die Lage noch dramatischer. Laut Weltbank wird durch den Wirtschaftsabschwung alleine im Subsahara-Raum die Zahl der absolut Armen, das sind jene am äußersten Rand der Existenz, um 23 Millionen ansteigen. Weltweit sind 47 Millionen Kinder akut unterernährt.
„Wir helfen mit Saatgut und Werkzeug und unterstützen dabei, eine nachhaltige Landwirtschaft aufzubauen. Dort wo man überhaupt keine Einkommensmöglichkeit mehr hat, unterstützen wir mit Überbrückungshilfen“, sagt Caritas-Präsident Michael Landau. Die Hilfsorganisation betreibt über 70 Programme für Ernährungssicherheit in den ärmsten Ländern, denn: Bereits jetzt leidet eine von neun Personen weltweit unter chronischem Hunger. Und: Durch die Pandemie und ihre Effekte dürften es noch 132 Millionen mehr werden.
Not in Österreich
Wie im Gespräch mit der Caritas klar wird, ließ die Coronakrise auch hierzulande die Not größer werden, und zwar in finanzieller Hinsicht: „Die Anfragen, die bei uns eingehen, sind deutlich gestiegen, die Beratungsgespräche dauern länger, weil die Situationen komplexer werden. Es kommen Anfragen von neuen Personenkreisen – also jenen, die zuvor ganz gut über die Runden kamen, etwa Neue Selbstständige. Aber auch Personen, die in prekären Beschäftigungssituationen waren, melden sich vermehrt. Es werden auch vorher nicht so stark angenommene Hilfsangebote stärker in Anspruch genommen, etwa Lebensmittelausgaben.“ Besonders trifft es jene, die bereits in unsicheren Situationen lebten – etwa Niedrigverdiener, die gerade über die Runden kamen. Weiter zuspitzen dürfte es sich, sobald Stundungen wie aufgeschobene Mietzahlungen fällig werden. Viele hatten wegen Kurzarbeit oder nach Arbeitsplatzverlust nicht die Chance, etwas anzusparen, um Schulden jetzt zu begleichen.
Herbert Beiglböck, steirischer Caritas-Direktor, sieht die Politik in der Pflicht: „Wir gehen davon aus, dass die soziale Frage im Herbst voll spürbar wird – wenn die Arbeitslosigkeit sich verfestigt. Dann wird es notwendig sein, zusätzliche Unterstützungen anzubieten.“ Manche Leistungen müsse man „grundsätzlich neu denken“.
In der Krise zusammenzustehen und Solidarität zu zeigen, bedeute auch, dass jene „mit höheren Vermögenszuwächsen zumindest zeitlich befristet höhere Beiträge übernehmen“. Der Entwurf für die Ausgestaltung des „Sozialunterstützungsgesetzes“ sei insofern „kein ermutigender Hinweis“.