Nach den jüngsten Steinschlägen mit insgesamt vier Todesopfern - in der steirischen Bärenschützklamm sind am vergangenen Mittwoch drei Menschen ums Leben gekommen, in der Eisriesenwelt bei Werfen im Pongau wurde am Sonntag ein 14 Jahre alter Bub getötet - stellt sich die Frage, ob die Häufung ein Zufall ist. Am Sonntag wurde auch eine Wandererin in der Kärntner Tscheppaschlucht von einem Stein getroffen und schwer verletzt. Die Tscheppaschlucht ist aber mittlerweile wieder geöffnet.
Einen Tag nach dem tödlichen Steinschlag am Zugangsweg zur Eisriesenwelt ist derzeit nicht abschätzbar, wie lange die Sperre des beliebten Ausflugsziels dauern wird. Die Eishöhle und der Zustieg dürfen seit dem Unfall nicht betreten werden. Die Alpinpolizei hat die Ermittlungen zum genauen Unfallhergang aufgenommen, außerdem werden die Sicherungseinrichtungen überprüft.
Wie der Bürgermeister von Werfen, Hubert Stock, am Montag zur APA sagte, sollen Geologen und Fachleute noch heute damit beginnen, die Unfallstelle genau zu begutachten und möglicherweise weitere Gefahrenstellen zu finden. Zugleich werde erhoben, ob - und wenn ja, welche - zusätzlichen Maßnahmen notwendig sind, um die Sicherheit der Besucher in Zukunft zu gewährleisten. "Die Eisriesenwelt wird aufgefordert, ein entsprechendes Konzept zu erstellen", sagte Stock. "Erst dann kann der Betrieb wieder aufgenommen werden."
Für Robert Supper, Vizerektor der Geologischen Bundesanstalt in Wien, steht fest, dass die vorangegangenen Starkregenfälle ausschlaggebend für die Unglücke waren. "Der Regen löst die Steine in den Fugen", erläuterte der Experte am Montag im Gespräch mit der APA. Dass in weiterer Folge Steinbrocken oder Felsen in die Tiefe krachen, sei vorhersehbar. Für Wanderer und Bergsteiger bedeutete das, dass im alpinen Gelände, speziell in hochgefährdeten Zonen nach anhaltenden Niederschlägen "immer ein gewisses Risiko besteht, dass etwas abgeht".
Dieses Risiko lasse sich mit baulichen Maßnahmen, die vor Lawinen, Muren oder Steinschlag schützen, minimieren. Aber selbst bei umfangreichen Verbauungen wie beim Zustieg zur Eisriesenwelt im Tennengebirge - die größte Eishöhle der Welt - bleibe ein Gefährdungspotenzial bestehen. Dessen müsse sich jeder, der im Gebirge unterwegs ist, bewusst sein - auch, wenn es sich dabei um einen vermeintlich sicheren touristischen Hotspot handelt, betonte Supper.
Man könne mit mathematischen Modellen berechnen bzw. simulieren, wo im Gelände sich Gestein lösen könnte und entsprechende Verbauungen errichten. Aber die Wahrscheinlichkeit, dass dort dann tatsächlich etwas passiert, sei schwer abschätzbar. Ein ganzer Berg verbauen lasse sich aber nicht. "Hundertprozentige Sicherheit lässt sich nicht herstellen", gab Supper zu bedenken. Und weiter: "Auch Touristen müssen akzeptieren können, dass es ein Restrisiko gibt." Wer nicht bereit sei, dieses Risiko einzugehen, könne alpine Attraktionen in der heutigen Zeit auch virtuell besichtigen.
Im Fall des tödlichen Unglücks vor der Eisriesenwelt ging Seilbahn-Betriebsleiter Michael Rieder am Montag davon aus, dass vorbeugende Felsräumarbeiten im Gestein über dem Weg als Schutzmaßnahme angesichts der großen Kalkwände nicht sinnvoll sind.
"Es wird möglicherweise darauf hinauslaufen, dass wir die Schutzgalerie erweitern oder Schutznetze installieren müssen, um einem tragischen Vorkommnis wie gestern vorbeugen zu können", sagte Rieder. Wie er erklärte, seien die Schutzgalerien früher aus Holz, später aus Stahl und schließlich aus Beton errichtet worden und immer wieder ausgebaut worden. "Mir ist aber nicht bekannt, dass es während der Touristensaison je einen Unfall durch Steinschlag gegeben hat."
Die Tscheppaschlucht - ein Ausflugsziel südlich von Klagenfurt - ist indes nach einem Steinschlag am Montag wieder normal geöffnet worden. Der Einsatz und die Aufräumarbeiten nach dem Unfall am Sonntag seien noch am Abend beendet worden, hieß es beim Tourismusverband Ferlach (Bezirk Klagenfurt-Land).