Der Ausbruch der Corona-Pandemie hat die Anbieter von E-Scootern in Wien im wahrsten Sinne des Wortes ausgebremst. Nach einer Betriebspause haben die Roller aber vor einigen Wochen wieder Fahrt aufgenommen – wenn auch unter verschärften Regeln. Mit April trat eine Reihe an “Sofortmaßnahmen” in Kraft - Wien.memo berichtete. Ob diese alle im Sinne des Erfinders waren, darf allerdings bezweifelt werden.
So wurden etwa im Rahmen eines Pilotprojekts in Neubau vier E-Scooter-Parkplätze geschaffen. Aufgrund einer Vielzahl an Beschwerden über am Gehsteig abgestellter Roller habe sich der siebte Bezirk für das Projekt entschieden, erklärte der grüne Bezirksvorsteher Markus Reiter im Mai. Benutzt werden die Parkplätze zwar, aber zumeist nicht von E-Scootern. “Die Flächen werden dauernd von Autos zugeparkt”, sagt Florian Anders, Sprecher des Anbieters Lime. Fotos von Mitarbeitern und Nutzern würden das täglich belegen (siehe Bild oben).
Im Büro der Verkehrsstadträtin Birgit Hebein sei man sich des Problems bewusst, wie es auf Nachfrage heißt. Eigentlich sollten die markierten Parkplätze auch nur für E-Scooter und keine anderen Fahrzeuge gelten. Ihren Zweck erfüllen sie so aber jedenfalls nicht, ist für Anders klar. “Man könnte Poller anbringen oder die Parkplätze klarer ausschildern, unternommen wurde bisher aber noch nichts.”
“Das ganze Projekt wurde – wenn überhaupt – nur sehr halbherzig ausgerollt”,meint Maximilian Nageler, Manager von Tier, einem weiteren E-Scooter-Betreiber in Wien. Neben der Auto-Problematik wurden die Flächen seiner Meinung nach auch nicht klug ausgewählt, zudem seien es in Summe viel zu wenige. Dementsprechend halte sich die Bereitschaft der Nutzer, ihren Mietroller dort abzustellen in Grenzen. “Auf der Fläche in der Neustiftgasse gab es in den letzten sieben Tagen drei Abstellungen”, erklärt Nageler. Und das, obwohl Tier-Nutzer seit kurzem Bonusminuten gutgeschrieben bekommen, wenn sie ihren Scooter auf den markierten Flächen parken.
Vonseiten der Bezirksvorstehung in Neubau heißt es, dass nächste Woche eine Evaluierung zu dem Thema stattfinden soll. Bis Ende Juli sollen Zwischenergebnisse des Projekts vorliegen. “So ergibt es für andere Bezirke jedenfalls keinen Sinn”, sagt Nageler, der noch weitere Kritik an der Stadt äußert. Vorgeschrieben ist durch die neuen Regeln nämlich auch, dass die Anbieter ihre Flotte dritteln müssen. Das bedeutet, dass maximal ein Drittel der pro Anbieter gesamt erlaubten Scooter (1.500) jeweils im ersten Bezirk, in den Bezirken 2 bis 9 und 20 sowie in den Bezirken außerhalb des Gürtels (inklusive Donaustadt und Floridsdorf) positioniert werden dürfen.
Sinn ergibt diese Aufteilung aus Sicht des Tier-Managers nicht: “In den Außenbezirken wird das Angebot zwar gut angenommen, in den Innenbezirken ist die Dichte aber viel zu gering. Und im ersten Bezirk wären es viel zu viele, wenn wir das Drittel voll ausschöpfen. Das ist das Gegenteil von dem, was die Stadt bewirken wollte.”
Abgesehen davon würden sich nicht alle Anbieter an diese Drittel-Vorschrift halten. “Das zeigt sich klar, wenn man in den Apps mancher Anbieter öffnet und sieht, wo die Scooter stehen”, sagt Nageler. Aus dem Büro von Verkehrsstadträtin Hebein heißt es dazu, dass die Anbieter täglich den Standort ihrer Roller melden müssten. Erst nach einer geplanten Ausschreibung, welche die Anzahl der E-Scooter-Anbieter begrenzen soll, werde das aber besser kontrollierbar sein. Abschließen will die Stadt die Ausschreibung 2021.
Andreas Terler