In oberösterreichischen Schlachthöfen gibt es zumindest zehn Coronavirus-Infizierte. Im Umfeld der Mitarbeiter gibt es zudem 13 Covid-19-positive Personen. Weitere Tests in den Betrieben sollen noch stattfinden. Die Regierung war am Sonntag um Beruhigung bemüht. Auch der Krisenstab des Landes stellte neue Cluster in Abrede. Tierschützer nutzten die Gelegenheit für Kritik an der Schlacht-Industrie.
Wie die "Kronen Zeitung" in ihrer Sonntag-Ausgabe berichtete, seien zwölf Mitarbeiter in fleischverarbeitenden Betrieben betroffen. Diese Zahl wurde im Laufe des Nachmittages vom Krisenstab des Landes auf zehn reduziert. So ist ein Betrieb im Bezirk Wels-Land mit fünf erkrankten Mitarbeitern am stärksten betroffen, im Bezirk Ried wurden von insgesamt 360 Arbeitern drei Personen positiv getestet. In Braunau hatten sich zwei Fleischerei-Arbeiter mit dem Virus infiziert. In allen Betrieben waren weitere Testungen im Gange. Bisher wurden im persönlichen Umfeld der erkrankten Angestellten noch weitere 13 Fälle bei den Erhebungen der Kontaktpersonen bekannt. Somit gibt es im Zusammenhang mit Schlachthöfen in Oberösterreich insgesamt 23 Infizierte.
Laut Zeitung ging die Gesundheitsbehörde nicht von neuen Clustern aus. Auch Schließungen von Betrieben stünden bis jetzt nicht im Raum. Weitere Betriebe seien vorerst nicht betroffen, hieß es.
"Nicht mit Deutschland zu vergleichen"
In einer gemeinsamen Presseaussendung bezogen Landwirtschaftsministerin Elisabeth Köstinger (ÖVP) und Gesundheitsminister Rudolf Anschober (Grüne) Stellung. "Die österreichischen fleischverarbeitenden Betriebe sind mit jenen in Deutschland nicht zu vergleichen", meinte Köstinger. Dort war es jüngst zu einem folgenschweren Ausbruch in einem fleischverarbeitenden Betrieb im deutschen Nordrhein-Westfalen gekommen. In Österreich habe ein durchschnittlicher Schlachthof 400 Mitarbeiter, im Nachbarland seien dies 8.000, konstatierte Köstinger. Die kleineren Strukturen seien ein Vorteil im Containment.
"Unter den Teppich schauen"
Anschober betonte, dass Schlachthöfe ein wichtiger Teil der am Donnerstag präsentierten Screening-Testungen seien. Das Ziel sei, "vorsorglich in potenziellen Risikobereichen unter den Teppich zu schauen und somit ein Frühwarnsystem zu installieren". So wolle man für den Herbst gerüstet sein, "der eine große Herausforderung darstellen wird", sagte Anschober. Bereits vor Bekanntwerden der Fälle in Oberösterreich wurden in fleischverarbeitenden Betrieben stetig Tests durchgeführt.
Erwartungsgemäß harsche Kritik am Coronavirus-Ausbruch in der Fleischindustrie kam am Sonntag von der Tierschutzorganisation "Vier Pfoten". Dies würden zeigen,"dass das System der industriellen Fleischproduktion an allen Ecken und Enden kracht", meinte Direktorin Eva Rosenberg in einer Presseaussendung. Sie forderte eine "Agrarwende", die wieder die Würde von Tier und Mensch im Blick hat.
Dass von Gütern aus coronainfizierten Betrieben eine Gefahr für Konsumenten ausgehe, betrachtete man seitens der Österreichischen Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit (AGES) als sehr unwahrscheinlich. "Es gibt keine dokumentierten oder belegten Ansteckungen", meinte AGES-Sprecher Roland Achatz. Diesbezüglich gebe es auch von der Weltgesundheitsorganisation (WHO) entsprechende Untersuchungen.