Die meisten Universitäten planen für den Herbst mit einer Art "Hybrid-Betrieb" aus Präsenz-und digitaler Lehre. Vorrang bei der Anwesenheit sollen dabei die Studienanfänger haben, so die Präsidentin der Universitätenkonferenz (uniko), Sabine Seidler, am Dienstagabend vor Journalisten. "Spannend" würden auch die Verhandlungen um das Uni-Budget der Jahre 2022-24.
Den derzeitigen Eindruck von "leeren" Unis relativierte Seidler: Die Wissenschafter seien seit spätestens Mitte Mai großteils wieder zurück an ihren Arbeitsstellen. Seit Juni gebe es auch fast überall wieder Präsenzprüfungen, der Betrieb in den Laboren laufe wieder. Was tatsächlich ausfalle, sind aber genau jene Formate, die allgemein mit Hochschulen verbunden werden. "Wir haben uns entschlossen, in diesem Semester keine Vorlesungen zu machen."
Hoffentlich mehr Präsenz als jetzt
Das habe vor allem praktische Gründe: "Wenn Sie auch nur den Mindestabstand einhalten, kriegen Sie nur 25 Prozent der Leute in einen Hörsaal", so Seidler. Dazu komme, dass die Hörsäle in der derzeitigen Phase für Prüfungen freigehalten werden müssten. Umgekehrt würden die Unis auch im Sommer Übungen und Prüfungen anbieten - "auf freiwilliger Basis natürlich".
Für den Herbst plane man einen "Hybrid-Betrieb", so Seidler: "Das wird eine Mischung aus Präsenz- und digitaler Lehre mit hoffentlich mehr Präsenz als jetzt." Im Präsenzbetrieb werde man sich primär auf die Erstsemestrigen konzentrieren: "Zu Hause vor dem Laptop ist der Studieneinstieg nicht optimal." Die derzeitige Lage mit eingeschränkten Präsenzen sei auch für die Universitäten nicht befriedigend: "Die Uni braucht Menschen, die miteinander arbeiten, streiten etc."
Ihr sei schon klar, dass demnächst auch aus den Hochschulen selbst heraus ein Druck für mehr Präsenz entstehen werde, meinte die Rektorin der Technischen Universität (TU) Wien. "Aber gleichzeitig möchte niemand in den Schlagzeilen landen, wenn so viele Leute auf engstem Raum zusammenkommen."
"Allumfassendes Thema" im Herbst werde aber das Uni-Budget sein, so Seidler. Am 31. Oktober muss jene Summe feststehen, die den Unis von 2022 bis 2024 für Lehre, Forschung, Infrastruktur und strategische Entwicklung zur Verfügung steht. "Das ist insofern spannend, als jetzt jeder Geld erwartet, weil auch die Wirtschaft nach Geld schreit und es sich fragt, wo die Unis dabei bleiben. Wir haben die Erfahrung gemacht: Wenn das Geld knapp ist, ist auch das Uni-Budget keine g'mahte Wies'n."
Für 2022-24 kommen die Unis auf einen Mehrbedarf von 2,1 Mrd. Euro gegenüber den elf Mrd. Euro der laufenden Periode 2019 bis 2021. Dies ergibt sich aus Teuerungs- und Struktureffekten in Höhe von 700 Mio. Euro, 550 Mio. Euro für Bauten, Mieten und Infrastruktur-Investitionen, 500 Mio. für die Fortsetzung der Studienplatzfinanzierung bzw. Verbesserung der Betreuungsrelationen sowie 350 Mio. Euro für den Ausbau der Stärkefelder bzw. Digitalisierung.
Praktisch zeitgleich mit dem Uni-Budget wird die künftige Forschungsfinanzierung verhandelt. "Unsere Sorge ist, dass das eine gegen das andere abgetauscht wird", meinte Seidler. "Man könnte ja auf die dumme Idee kommen zu sagen: 'Wir statten die Forschungsförderungs-Institutionen stark aus und nehmen auf der anderen Seite bei den Unis was weg oder umgekehrt'."
Über das neue Forschungsfinanzierungsgesetz sei man "schon sehr enttäuscht", so Seidler. "Es war ja in der Diskussion, dass es einen Finanzierungs- bzw. Wachstumspfad geben soll." Die nunmehrige Variante mit dreijährigen Forschungspakten sei zwar ein Fortschritt: "Aber das gibt natürlich niemandem Sicherheit. Man hängt dann in diesen Drei-Jahres-Schleifen drin."
Nach wie vor ungelöst sei die Problematik der Mittel, die Unis aufgrund mangelnder Prüfungsaktivität ihrer Studenten zurückzahlen müssen, so Seidler. Bis Jahresende muss die Zahl der prüfungsaktiv betriebenen Studien um 3,6 Prozent anwachsen, sonst droht eine Budgetreduktion. Derzeit könne aber niemand sagen, wie die Lage aussieht: Fakt sei aber, dass der harte Lockdown wegen der Corona-Pandemie genau in die Prüfungszeit gefallen sei.
"Die Frage ist: Wie viele Studierende kriegen wir im Sommer dazu, noch Prüfungen zu machen?", meinte Seidler. Ein Problem sei auch die "Unkultur", trotz Anmeldung nicht zur Prüfung zu erscheinen. "Ich kann die Studenten nicht zur Prüfung tragen", ärgerte sich Seidler. An der TU seien in einem Fall im Juni von 200 Angemeldeten gerade 40 auch angetreten. "Und das hat nichts mit Corona zu tun, das ist in normalen Zeiten auch so."
Den Unis sei zugesagt worden, dass im Fall der Fälle auf ein Drittel der zurückzuzahlenden Summe verzichtet wird. "Jetzt kämpfen wir um die restlichen zwei Drittel." Außerdem habe man die Zusicherung, dass das zurückzuzahlende Geld an den Unis bleibe: "Es gibt aber noch kein Konzept, wie neu verteilt wird. Zumindest kenne ich es nicht."