Rund 140 Jahre war der Wolf aus Österreich verschwunden. Seit einigen Jahren ist er zurück und sorgt für hitzige Diskussionen. Einmal mehr, seit es eine – noch nicht rechtskräftige – Bewilligung für den Abschuss eines Wolfes der BH St. Johann im Pongau gibt. Den Antrag zum Töten des Wolfes hat die Agrargemeinschaft Tofernalm in Großarl vor rund einem Jahr gestellt. Damals waren binnen wenigen Wochen 24 Schafe gerissen worden, vier weitere wurden verletzt, elf vermisst.

„Die Entscheidung der Behörde widerspricht in mehreren Punkten dem strengen europaweiten Schutz der Wölfe. Daher werden wir den Abschussbescheid beim Landesverwaltungsgericht beeinspruchen“, sagt Christian Pichler, Wolfsexperte des World Wide Fund For Nature (WWF). Aufgrund der fast ein Jahr zurückliegenden Anlassfälle sei es wahrscheinlich, dass hier der Wolf längst weitergezogen sei. „Das zeigt die Absurdität und Widersprüchlichkeit des Vorgehens. Anstatt der Almwirtschaft langfristig zu helfen, dominiert Herdenschutz-Verweigerung. Das ist der völlig falsche Weg“, betont Pichler. Denn eines sei klar: Der Wolf werde nicht einfach wieder aus Österreich verschwinden. Einzelne Abschüsse würden die Situation nicht verändern.


Beim Dachverband der Jäger in Österreich versteht man die Entscheidung: „Wir sind der Auffassung, dass unsere vielseitige Kulturlandschaft länderspezifische Besonderheiten aufweist, die lokale Lösungen benötigen, daher vertrauen wir auf die Entscheidung der Experten in den lokalen Behörden“, erklärt Roman Leitner, Präsident von Jagd Österreich. Hier drängt man seit Jahren auf einen österreichweiten Managementplan, jedoch auch auf Ermöglichung einer Bestandsregulierung durch Bejagung.

Der Wolf emotionalisiere seit jeher – das sei auch heute noch so, sagt Verhaltensbiologe Kurt Kotrschal. Davon müsse man wegkommen. Zwei Drittel der Österreicher sehen die Rückkehr des Wolfes laut einer Studie positiv. Aber: „Wir können nicht einerseits sagen, wir wollen, dass Wölfe wieder da sind, aber die Bauern müssen es ausbaden“, sagt Kotrschal. Österreich habe sich durch den Beitritt der EU dem Schutz der Wölfe verpflichtet. Nun sei es eine gesamtgesellschaftliche Verantwortung, dies zu unterstützen – auch finanziell. Denn der Wolf ist gekommen, um zu bleiben. Im Tiroler Ort Kössen hat gestern vermutlich ein Wolf drei Schafe gerissen. Das Rissbild deutet klar darauf hin.