Die Maßnahmen der Regierung zur steuerlichen Entlastung der Gastronomiebetriebe seien "allesamt hilfreich für die bevorstehende Wiedereröffnung am Freitag", betonte der Obmann der Fachgruppe Gastronomie der Wirtschaftskammer Wien, Peter Dobcak, am Montag in einer Aussendung. Für die NEOS ist das Wirtshaus-Paket "nur ein Tropfen auf den heißen Stein". Der Gastronomie-Obmann wertet beispielsweise die Anhebung der Umsatzgrenze zur Nutzung der steuerlichen Pauschalierung als "eine echte und vor allem unbürokratische Entlastung" und zeigte sich auch erfreut über die höhere Absetzbarkeit von Geschäftsessen, die von 50 auf 75 Prozent angehoben wird. "Das ist ein wichtiger Schritt, um den Konsum in unseren Betrieben wieder anzukurbeln", so Dobcak. Dazu diene auch die Senkung der Mehrwertsteuer auf alkoholfreie Getränke und die Abschaffung der Sektsteuer.
NEOS-Wirtschafts- und Tourismussprecher Sepp Schellhorn wiederum reichen steuerliche Erleichterungen allein nicht. "Es braucht eine echte Entlastung mit einer massiven Senkung der Lohnnebenkosten und raschen Bürokratieabbau." Das 500 Mio. Euro schwere Wirtshaus-Paket der Regierung sei "als würde man einem schweren Allergiker ein Taschentuch reichen". Die Gastronomie sei in den vergangenen Jahrzehnten "mit überbordenden Auflagen und Regulatorien, Bürokratiewahnsinn und explodierenden Lohnkosten zugeschüttet" worden. Die Mitarbeiter kosteten einfach zu viel und verdienten zu wenig.
Auch die Gewerkschaft vida bezeichnete das Wirte-Paket als "Tropfen auf den heißen Stein". Die 500 Mio. Euro seien "mit großer Sicherheit zu wenig für die Branche". Der Vorsitzende des Fachbereichs Tourismus, Berend Tusch, vermisst zudem einen "Bonus für jene, die ihre Mitarbeiter nicht auf die Straße gesetzt haben". Auch seien Steuererleichterungen ab Juli "keine Soforthilfe". Weiters müsse die Kurzarbeit angepasst werden und auch für Saisonbetriebe gelten. "Saisonbeschäftigte haben bereits mindestens einen Monat an Einkommen verloren - es braucht jetzt rasch Maßnahmen, um alle Saisonbeschäftigten und Corona-Arbeitslosen in Hotels und Gastronomiebetrieben wieder in Beschäftigung zu bringen", betonte Tusch. Konkret müsse die Kurzarbeitsförderung "auch jenen Betrieben zugänglich sein, die aufgrund ihrer Saisonalität derzeit noch keine Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer einstellen konnten, da der Geschäftsbetrieb erst mit 15. Mai beginnen kann".
Für den Wirtschaftsbund ist das Wirte-Paket ein "Kickstart für ein rot-weiß-rotes Comeback" im Bereich Tourismus und Gastronomie. Zwei Ziele des Wirte-Pakets seien besonders wichtig: "Es regt den Konsum an und entlastet Unternehmen steuerlich", so Generalsekretär Kurt Egger. Die Entlastung für Unternehmen sei ein "Gebot der Stunde" und die angekündigten konjunkturellen Maßnahmen bedeuteten "insgesamt ein wichtiges Signal der Zuversicht", hieß es aus der Industriellenvereinigung (IV). Die Abschaffung von Bagatellsteuer und steuerliche Vergünstigungen bezeichnete Generalsekretär Christoph Neumayer in einer ersten Reaktion als "richtige Schritte". So würden steuerliche Entlastungen wie die Senkung der Umsatzsteuer auf nichtalkoholische Getränke oder höhere Grenzen bei der Pauschalierung für viele Gastronomiebetriebe sicherlich eine spürbare Erleichterung bringen. "Damit wird der für die Wirtschaft so wichtige Konsum beflügelt und somit der Wirtschaftsstandort in seiner Gesamtheit gestärkt", so Neumayer.
Kritik von SPÖ und FPÖ
Für den FPÖ-Bundesparteiobmann Norbert Hofer verdient das Rettungspaket für die heimische Gastronomie diesen Namen nicht. Umgerechnet bedeuteten "die 500 Millionen der Regierung gerade einmal rund 30 Euro Unterstützung pro Betrieb und Tag", so Hofer mit Blick auf die rund 40.000 Gastronomen des Landes. Eine große Erleichterung für die Wirte wäre es, "wenn endlich die Verordnung für die Wieder-Eröffnung kommt". Mehr als eine Vorschau auf die Richtlinien, die verordnet werden sollen, sei auf der Seite des Gesundheitsministeriums nicht zu finden. "Die letzten Lockerungsverordnungen aus dem Hause Anschober sind gerade einmal 90 Minuten vor der Frist veröffentlicht worden", kritisierte der Oppositionspolitiker. "Diese Last-Minute-Wurschtelei muss ein Ende haben - die Wirte brauchen sofort Richtlinien, um sich für das Hochfahren ihrer Betriebe vorzubereiten."
Der stellvertretende SPÖ-Klubchef Jörg Leichtfried übte heftige Kritik an der Abschaffung der Sektsteuer: "KleinstunternehmerInnen wissen nicht wie sie weiter überleben sollen und Schwarz-Grün macht der Champagner- und Sektindustrie ein 25 Millionen Steuergeschenk", meinte er und forderte stattdessen "ein 25 Million Euro-Nothilfepaket für DorfwirtInnen und KleinstgastrobetreiberInnen". Schlumberger-Geschäftsführer Benedikt Zacherl freut sich naturgemäß über die Abschaffung der Sektsteuer. Diese sei seit Wiedereinführung im Jahr 2014 "aufgrund ihres wettbewerbsverzerrenden, diskriminierenden Charakters - italienische Prosecci Frizzante-Produkte sind von der Steuer ausgenommen - sowie des geringen Beitrags zum Steueraufkommen" heftig kritisiert worden. Binnen zwei Jahren habe sie für einen Einbruch des Sektmarkts um mehr als 25 Prozent gesorgt.