Die ersten in Österreich mit Blutplasma von Covid-19-Genesenen behandelten Patienten konnten das LKH-Uniklinikum Graz kürzlich verlassen. Das teilte der Grazer Infektiologie Robert Krause am Donnerstag vor Journalisten mit. Auch angesichts erster Erfolge mit diesem für spezielle Patientengruppen gedachten Therapieansatz ruft das Rote Kreuz von Covid-19-Erkrankungen Genesene zum Plasmaspenden auf.
Die Entlassung des ersten Patienten, dem diese Behandlung zuteilwurde, war laut dem Leiter der Infektiologie und Tropenmedizin an der Medizinischen Universität Graz "ein sehr schöner Moment". Nach fünf Wochen stationärem Aufenthalt konnte der Mann das Klinikum verlassen, sagte Krause. Ebenso erfreulich verliefen die Plasma-Therapien bei zwei weiteren Patienten, die aufgrund von Vorerkrankungen selbst keine Immunabwehr in Form von Antikörpern, die das SARS-CoV-2-Virus vor dem Eindringen in die Zellen hindern, aufbauen konnten. Ein Patient, bei dem die Ärzte auch "mit dem Rücken zur Wand" standen, weil es keine anderen Behandlungsoptionen mehr gab, konnte ebenfalls bereits die Uniklinik verlassen, ein dritter Erkrankter habe überdies sehr gut auf die Behandlung angesprochen.
Bereits 20 Plasma-Therapien
Insgesamt seien österreichweit bereits 20 Therapien mit "rekonvaleszentem Plasma" durchgeführt worden. Krause betonte, dass es sich hier um einen experimentellen Therapieansatz handle, zu dem noch viele Fragen offen seien. Der Ansatz sei mitunter auch "nicht ohne Nebenwirkung", denn es könne nach der Gabe etwa zu allergischen Reaktionen oder Schädigungen der ohnehin von Covid-19 angegriffenen Lunge kommen. Es handle sich somit um eine "Option für ganz ausgewählte Patienten, die nicht auf alle übertragbar" sei, sagte Krause, der einräumte, dass man noch nicht genügend darüber wissen, ob auch andere Patientengruppen für die Behandlung infrage kommen.
Im Fall der Grazer Patienten habe man glücklicherweise sehr rasch geeignete Spender mit überstandener Covid-19-Infektion und ausreichend Antikörpern im Blut gefunden. Damit die Plasmatherapie auch in Zukunft eine Behandlungsoption darstellt, brauche man nun vor allem Plasmaspender aus der momentan vorhandenen Riege an Genesenen, sagte die stellvertretende Leiterin der Blutspendezentrale beim Österreichischen Roten Kreuz (ÖRK), Ursula Kreil. Das Ziel sei jetzt, so viele Spenden wie möglich zu sammeln, auch weil man nicht wisse, bei wie vielen Personen die Therapie im Verlauf der Pandemie noch eingesetzt werden könnte.
Bisher 200 Plasmaspender
Klar sei, "die Therapie hilft", es brauche aber noch viele wissenschaftliche Daten als sichere Basis für den breiteren Einsatz und mehr Plasma von früheren Infizierten. Die Prozedur der Entnahme dauere lediglich ungefähr eine Stunde, sagte Kreil. Genesene könnten auf diesem Weg mitunter Leben retten, bisher haben rund 200 auch tatsächlich gespendet. Einer davon war der Wiener Arzt Georg Mair, der sich dem Aufruf anschloss: "Es ist eine Selbstverständlichkeit, Plasma zu spenden, und es tut nicht weh." Der Zeitpunkt jetzt sei ideal, da die Anzahl der Antikörper kurz nach überstandener Krankheit in der Regel hoch sei, im Zeitverlauf aber abnehme.
Vorbereiten auf zweite Welle
Das Rote Kreuz werde geeignete Spender auswählen und das Plasma in "sehr guter Qualität" und in allen Blutgruppen bereitstellen. Die Lagerung bei minus 30 Grad Celsius stelle sicher, dass das Plasma für rund ein Jahr zur Anwendung kommen kann. Dieses Einlagern sei auch ein wichtiger Faktor, um bei einer etwaigen nächsten Welle vorbereitet zu sein.
Das betonte auch Gesundheitsminister Rudolf Anschober (Grüne), der abermals davor warnte, die momentan "sehr stabile" Gesamtsituation mit den aktuell niedrigen Fallzahlen auf die leichte Schulter zu nehmen. In Singapur habe sich etwa gezeigt, wie rasch sich das neuartige Coronavirus auch wieder ausbreiten kann. "Wir müssen uns auf zweite Welle vorbereiten", betonte Anschober. Auch er habe sich sehr über die Schilderungen der ersten erfolgreich mit Antikörpern behandelten Patienten in Graz gefreut, man müsse aber "laufende Studien dazu abwarten", um einzuschätzen, ob man den Ansatz breiter empfehlen kann.