Der Häftling (Name, Alter und Haftgrund sind der APA bekannt, werden zum Schutz des Mannes aber nicht genannt, Anm.) geht davon aus, "dass wegen den Umständen hier weder ich noch die Mithäftlinge von dem Virus verschont bleiben werden". Es sei "nur eine Frage der Zeit, und wenn es dann so weit ist, sind ca. 1.000 Menschen auf ein Mal infiziert", heißt es in dem mit 30. März datierten Brief, der am Freitag zugestellt wurde.
"Gefangene, Justizwachen und medizinische Personal tragen keine Handschuhe und Schutzmasken, der vorgeschriebene Mindestabstand (1 Meter) wird nicht eingehalten", beschreibt der Mann die gegenwärtigen Haftbedingungen in der JA Josefstadt. Das Essen und Medikamente würden "ungeschützte Leute, genau so wie vorher" ausgeben. Und weiter: "Arbeiter gehen und kommen als Gruppen ungeschützt." Die Sinnhaftigkeit des vom Justizministerium bzw. der Generaldirektion für den Strafvollzug angeordneten Besuchsverbots für Angehörige hinterfragt der Häftling, "denn wer schon jemanden hier besucht hat, weiß, dass die Besucher hinter Glas und Holzpaneelen sind und mit einem Telefonhörer ausgestattet sind". Eine Übertragung des Virus sei somit ausgeschlossen.
Zu Beginn der Woche hatten Justizwachebeamte der APA geschildert, angesichts weiterer Einschränkungen im Haftalltag - zuletzt wurden das Telefonieren auf zehn Minuten täglich limitiert, das Gehen und Verweilen auf den Gängen verboten und gegenseitige Zellenbesuche strikt untersagt - gäre es im Strafvollzug. Speziell aus der JA Josefstadt wurde von einer angespannt-explosiven Stimmung berichtet.
Diese Darstellung sei "nicht nachvollziehbar", hielt das Justizministerium darauf am Donnerstag dagegen. In der JA Josefstadt gebe es eine "positive Grundstimmung", die auffallend von Motivation und von dem Bemühen aller Mitarbeiter geprägt sei, verstärkt zusammen zu helfen, hieß es in einer der APA übermittelten Stellungnahme. Die gesetzten Schritte im Kampf gegen SARS-CoV-2 würden "weit überwiegend als transparente und angemessene Maßnahmen wahrgenommen".
SPÖ-Justizsprecherin Selma Yildirim zeigte sich besorgt über die Situation in den heimischen Gefängnissen in Zeiten der Corona-Pandemie. "Zwar wurden in den Justizanstalten umfangreiche Sicherheitsvorkehrungen getroffen und es gibt bis jetzt glücklicherweise nur einzelne Fälle von Covid-19. Aber es gibt trotzdem Problembereiche, wo gehandelt werden muss", gab Yildirim am Samstag zu bedenken.
Problematisch seien der Überbelag in manchen Haftanstalten sowie der Umstand, dass es zu wenig Testungen und Schutzausrüstung in den Justizanstalten (JA) gebe, meinte Yildirim. Sie kündigte diesbezüglich eine parlamentarische Anfrage an Justizministerin Alma Zadic (Grüne) an.