Nachdem Simona bei ihr  eingezogen war, übernahm sie für vier Nachmittage die Woche die Pflege der bettlägerigen Frau, ihrer Klientin, damit Anna in die Schule gehen konnte. Ihre erste Ausbildung: Heimhelferin. Es sollte die erste von vielen werden. “Das war wirklich schwer damals,” erinnert sich Simona, aber wir hatten ein ganz klares Ziel vor Augen. Wir wussten beide genau, was wir wollen."

“Das Geld war ziemlich knapp”, sagt Anna. “Simona brauchte einen Deutschkurs, damit sie für den Master angenommen wird und der hat über 300 Euro gekostet.” “Ich habe dann noch als Saisonarbeiterin gearbeitet und Holunder geschnitten, um den Kurs zu bezahlen,” erzählt Simona und winkt ab, als hätte es keine Relevanz. Beide erzählen ihre Geschichte unaufgeregt, aber man merkt, wie stolz sie aufeinander sind. Annas andere beiden Kinder sind in der Slowakei ihren Weg gegangen, und auch ihr  Verhältnis zu Anna ist eng. Nur, dass sie nicht nach Österreich nachkommen wollen, stimmt Anna etwas traurig. Sie hätte ihre Kinder gerne näher bei sich.

Simona hat 2017 an der Universität in Graz ihren Abschluss in Global Studies gemacht. Ihr Masterarbeitsthema: 24-Stundenpflege. Ein besonderes Augenmerk legte sie auf die privaten Agenturen, die die Frauen vermitteln. Viele Praktiken, so zeigt ihre Analyse, sind rechtlich bedenklich. Hohe Vertragsstrafen, treuhänderische Verwaltung der SVA-Abgaben, Verschwiegenheitsklauseln hinsichtlich der Arbeitsweise der Agenturen das alles findet sich in den Werkverträgen, die Simona analysiert hat. 

Auch Anna hatte keine guten Erfahrungen mit ihrer Agentur. 10% ihres ohnehin spärlichen Gehalts musste sie abtreten, ohne dafür wirklich Unterstützung zu erhalten. Auch An- und Abreise zum Arbeitsort musste sie selbst zahlen. “Ich habe mich oft ganz alleine gelassen gefühlt mit der ganzen Verantwortung,” erzählt sie.

Einmal habe ich mich an die Agentur gewandt und um eine neue Stelle gebeten, weil ich es wirklich nicht mehr ausgehalten habe. Die Frau meinte dann nur, dass sie aktuell keine anderen Patienten hätten. Vermutlich um mehr Zeit zu haben, um eine neue Pflegerin für meine Stelle zu finden. Unterstützt gefühlt habe ich mich absolut nicht.

Konkurrenz bekommen die slowakischen Pflegerinnen im Moment von Rumäninnen, die in manchen Fällen für nur 35 Euro pro Tag arbeiten. Lohndumping, weiß Simona aus ihrer Recherche zu berichten, macht den Pflegemarkt noch prekärer.

Anna ist mittlerweile glücklich in ihrem Beruf, aber viele ihrer Freundinnen arbeiten weiter unter den schlechten Bedingungen. Deswegen ist es ihr ein Anliegen, über die Arbeit zu informieren, sie sichtbar zu machen. 

Simona ist nach Abschluss ihres Studiums jetzt auf Jobsuche. Ihre Mission: Eine Stelle finden, in der sie Frauen mit Migrationshintergrund zu besseren Arbeitsbedingungen verhelfen kann.