Jede fünfte Frau ab 15 wird in Österreich mindestens einmal in ihrem Leben Opfer von Männergewalt. 2018 gab es hierzulande 41 von Männern getötete Frauen, im vergangenen Jahr 34, am Dienstag wurde in Wien das seit Anfang des Jahres bisher zweite weibliche Todesopfer gefunden. Der Verein Autonome Österreichische Frauenhäuser (AÖF) beschreibt häufige Strategien und Hintergründe der Täter.
Bei Gewaltausübung von Männern handelt es sich oft um ein erlerntes Muster, um ein anerzogenes und sozialisiertes Verhalten, das bereits in der frühen Kindheit verankert worden ist, schrieb der AÖF anlässlich seiner neuen Bewusstseinskampagne. Viele dieser Männer hätten schon in der Kindheit Gewalt an der Mutter mitansehen müssen, haben den Frauenhass des Vaters miterlebt und in vielen Fällen auch begonnen, sich mit dem Vater zu identifizieren. Diese Männer hätten nicht gelernt, Konflikte, Probleme oder Streit gewaltfrei zu lösen und mit ihren Gefühlen gut umzugehen bzw. diese zu zeigen. Sie seien daher oft nicht in der Lage, Bedürfnisse, Wünsche und Probleme mit jemandem zu besprechen. Sie machen alles mit sich selbst aus, schlucken persönliche Verletzungen und Kränkungen hinunter.
Besitzdenken, Eifersucht, Kontrollverlust
Darüber hinaus hätten diese Männer meist starkes Besitzdenken und Eifersuchtsempfinden, jede Gegenmeinung wird als Provokation empfunden. Dies macht eine Ehe oder Partnerschaft für Frauen oft zu einer riskanten Lebensform, besonders in der Zeit während einer Trennung oder Scheidung. Täter kommen mit dem Macht- und Kontrollverlust nicht zurecht und überlegen, wie sie das Leben ihrer (Ex-)Partnerin zerstören können. Meist handelt es sich um Wiederholungstäter, die erst dann zu stoppen sind, wenn sie Konsequenzen und Sanktionen erfahren, hieß es vom AÖF.
Patriachale Denkmuster
Männer mit tiefsitzenden patriarchalen Denkmustern und frauenverachtenden Einstellungen neigen dazu, Gewalt an Frauen und Kindern anzuwenden - und zwar unabhängig von Nationalität, Herkunft oder Hautfarbe, betonte der AÖF.
Gewalttäter wenden bewusst bestimmte Strategien und Tricks an, um von ihrem Verhalten abzulenken, die Betroffenen und die Umgebung - auch die Öffentlichkeit und Behörden - zu manipulieren und ihre Taten zu rechtfertigen. Häufige Merkmale sind die enge Beziehung zwischen Tätern und Betroffenen, es fehlt diesen Männern an Unrechtsbewusstsein - sie sind überzeugt, dass ihr Verhalten zur "Männlichkeit" gehört. Mittels der Strategie des Victim Blaming wird der Partnerin die Schuld gegeben und eigene Verantwortung abgeschoben. Als Rechtfertigungen für Gewalttaten werde zudem oft Kontrollverlust, Provokation, Alkohol, Drogen, Geldprobleme und Stress genannt.
Die Verantwortung dürfe daher nicht bei der betroffenen Frau gesucht werden, sondern die Gewalttat müsse anhand der Fakten beurteilt werden. Schon bei den ersten Anzeichen von Gewalt - wie Anzeigen, Betretungsverboten oder Hilferufen der Frauen - müssten die Täter zur Verantwortung gezogen werden, ist der AÖF überzeugt. Nur so können Gewalttaten und Morde an Frauen und Kindern verhindert werden. Gewalttäter seien nicht krank oder schwach, auch dann nicht, wenn sie selbst in der Kindheit Gewalt erlebt haben, so die AÖF-Expertinnen. Jeder Mensch habe die Möglichkeit, Verantwortung zu übernehmen und gewaltbereites Verhalten zu verändern, etwa mit Unterstützung durch Beratungsangebote.