Das Video auf Youtube hat am Mittwoch schon weit mehr als eine halbe Million Aufrufe, dabei zeigt es nur eine Aneinanderreihung von Fotos und Videoclips. „Diese Informationen über das Coronavirus sind mir zugespielt worden und in der Presse nicht verfügbar“, leitet der Sprecher verheißungsvoll ein. Es folgen zehn Minuten Pseudonachrichten mit einem Wahrheitsgehalt irgendwo zwischen Fakt und Fiktion.
Schneller als das Virus selbst verbreiten sich Falschmeldungen und Verschwörungstheorien rund um die Pandemie. Eine besagt, dass Fledermaussuppe ursprünglich das Coronavirus auf den Menschen übertragen haben soll. Viral geht auch die Behauptung, dass bereits vor Jahren ein Patent auf den Virus angemeldet wurde. Nutznießer eines Impfstoffes soll Milliardär Bill Gates sein.
„mimikama“, der Verein zur Aufklärung über Internetmissbrauch, hat die häufigsten Falschmeldungen als solche identifiziert. „Sie bewegen sich derzeit noch im erwartbaren Ausmaß“, sagt Andre Wolf von „mimikama.“ Dass die Öffentlichkeit ihre Aufmerksamkeit auf dieses Sekundärthema richtet, sei ein Indiz dafür, dass der Höhepunkt der Welle erreicht ist. „Nach ein paar Tagen flacht das in der Regel ab“, so Wolf, der Ähnliches nach Terroranschlägen oder dem Brand von Notre-Dame feststellte.
Warum sich dasselbe Muster regelmäßig wiederholt, führt Wolf auf zwei Arten von Akteuren im Netz zurück. Jene, die derartige Meldungen auf ihren Social-Media-Kanälen teilen, handeln demnach in einem Schutzreflex. „Man möchte seinen Freunden sagen: ,Vorsicht, da draußen ist etwas, schützt euch!‘“ Hingegen hätten jene, die diese Falschinformationen in die Welt setzen, meist ein politisches Motiv. Wolf: „Sie diskreditieren Medien, diskreditieren den Staat, stellen ihn als machtlos dar. Ja, sie gehen schon so weit, dass sie teilweise globale Verschwörungstheorien inszenieren.“
Impfgegner als Verstärker
Der eigentliche Anlass ist laut dem Kommunikationsexperten eine austauschbare Variable. Beim Coronavirus verstärke sich der Effekt auch noch durch die Gruppe der Impfgegner. Diese bediene sich schon seit Jahren der Behauptung, dass die Menschen eigentlich krankgeimpft werden. Als Multiplikatoren der dubiosen Botschaften tun sich einschlägige Blogs und Nachrichtenportale hervor. „Und gerade im extremen, radikaleren Bereich findet man häufiger, dass auch Politiker zu solchen Aussagen neigen und gerne mit dem Phänomen der ,Lügenpresse‘ spielen“, analysiert der Kommunikationsexperte.
Dass vor allem Online-Medien des Boulevards mit alarmistischer (Bild-)Sprache und auf der Jagd nach Klicks mit Fakten eher nachlässig umgehen, trage zur Versachlichung des Themas auch nicht gerade bei.
Kein Fall in Österreich, Verdacht in der Steiermark
Noch keine Coronavirus-Infektion hat sich bis Freitagmittag in Österreich bestätigt. Seit gestern publiziert das Sozialministerium auf seiner Webseite den aktuellen Stand bei Verdachtsfällen (Infoline: 0800 555 621). Für den Kärntner Verdachtsfall gab es Entwarnung. Das Ergebnis der Untersuchung verlief negativ. Am Mittwochnachmittag bestätigte die Landessanitätsdirektion jedoch die ersten Verdachtsfälle in der Steiermark. Im LKH Graz-West werden derzeit zwei Patienten mit verdächtigen Symptomen beobachtet, hieß es.