Die Ursache für den Brand in der Nordbahnhalle in Wien-Leopoldstadt im November 2019 ist geklärt: Demnach war es entweder Brandstiftung, vermutlich mit Vandalismus als Motiv, oder es handelte sich um ein Missgeschick bei Vorbereitungshandlungen zum Suchtgiftkonsum. Das gab der Leiter der Brandermittlergruppe des Landeskriminalamtes, Armin Ortner, am Mittwoch vor Journalisten bekannt.
"Für die Spekulationstheorien hat sich nicht das geringste Indiz gefunden", sagte Ortner. Unter anderem waren Vermutungen aufgetaucht, dass man durch das Feuer die ohnehin zum Abriss vorgesehene Halle etwas schneller für den Abbruch vorbereiten wollte. Die Ermittler stellten fest, dass das Feuer im November 2019 an einem Ort etwa in der Mitte der zuletzt als temporäres Kulturveranstaltungszentrum genutzten Halle neben einem Schwerlastregal ausgebrochen war. Man fand sowohl Spuren, die für die mutwillige Legung des Brandes sprechen, als auch Hinweise auf den Suchtgiftmissbrauch.
In Halle eingebrochen
Eindeutig festgestellt wurde Ortner zufolge auch, dass Unbekannte über ein Fenster, das über ein Vordach erreichbar war, in die Halle eingebrochen waren. Alle anderen Zugänge, die beim Eintreffen der Ermittler offen waren, "wurden von der Feuerwehr geöffnet", sagte der Chefinspektor. Das betraf sowohl Türen im Erdgeschoß als auch ein weiteres Fenster im Obergeschoß. Nur bei dem einen Fenster war die Scheibe eingeschlagen worden.
Außerdem hatte eine Zeugin bemerkt, wie zwei männliche Jugendliche bei Ausbruch des Brandes über das eingeschlagene Fenster geflüchtet waren. Um durch das Fenster zu gelangen bzw. von diesem, hatten die Täter eine Kiste als Aufstiegshilfe benutzt. Die ÖBB hatten im Erdgeschoß mit Planken die Zugänge verschlossen, weil es in der Vergangenheit immer wieder Vandalenakte gegeben hatte.
Prinzipiell gehe es bei Ermittlungen zu Brandursachen immer darum, das Feuer umzukehren - also vom Ergebnis, das die Flammen verursacht haben, zum Ausgangspunkt zu kommen. "Und dabei gibt es viele Fehlerquellen", erläuterte Ortner. Nicht zuletzt deshalb sind die Brandermittler des Wiener Landeskriminalamtes auf die Sachverständigen des Bundeskriminalamtes (BK) angewiesen. "Ohne deren Mitwirkung würden uns viele Erfolge nicht gelingen", sagte der Kriminalist. Auch speziell ausgebildete Hunde sind oft hilfreich für die Brandfahnder.
Jeder Brand mit einem Toten sei grundsätzlich eine "Fremdverschuldensfrage", betonte Ortner. Pro Jahr gibt es in Wien etwa 20 bis 30 Todesopfer durch Feuer. "Die Klassiker bei den Ursachen dafür sind Alkohol plus Zigaretten oder Alkohol plus Kochen", sagte der Ermittler.
Feuer schafft auch Spuren
Die Vorgangsweise bei den Ermittlungen heißt grundsätzlich "von außen nach innen": In konzentrischen Kreisen versuchen die Kriminalisten jene Stelle zu identifizieren, wo ein Feuer ausgebrochen ist, und dann zur eigentlichen Brandursache vorzudringen. "Man darf nicht vergessen: Feuer zerstört nicht nur Spuren, es schafft auch welche", gab Ortner zu bedenken. Das gelte auch für Explosionen.
Zum Beispiel sorge Sprengstoff für eine hohe Ausbreitungsgeschwindigkeit und einen scharf abgegrenzten Schadensbereich. "Gas hat hingegen eine viel langsamere Ausbreitungsgeschwindigkeit und einen großflächigen Schadensbereich", erklärte Ortner.
Doch zunächst geht es um die Eigensicherung: "Wir betreten einen Brandort erst, wenn es einigermaßen sicher ist. Wenn die Feuerwehr eine Schadstoffmessung durchgeführt hat und wir uns halbwegs sicher sind, dass wir nicht gleich von irgendwelchen Trümmern erschlagen werden", so Ortner. Das vergangene Jahr war für ihn und seine Kollegen sehr intensiv. So gab es unter anderem Großbrände im Wiener Donauzentrum und in Simmering, wo über mehrere hundert Meter das Dachgeschoß eines Wohnhauses in Flammen stand.