Im Jahr 2019 kamen in Österreich laut vorläufigen Zahlen des BMI insgesamt 410 Menschen bei Verkehrsunfällen ums Leben. Jeder zweite Verkehrstote (199) saß in einem Pkw. Für ÖAMTC-Verkehrstechniker David Nosé eine unerfreuliche Entwicklung: "In der Vergangenheit ging die Anzahl der getöteten Pkw-Insassen deutlich zurück. Waren es vor 20 Jahren noch 549, verringerte sich diese Zahl bis 2018 trotz deutlich mehr zugelassener Autos und gestiegener Fahrleistungen auf 181." Das entspricht einem Rückgang von 67 Prozent. Von 2018 auf 2019 kam es hingegen zu einer Zunahme um zehn Prozent.

Ein Viertel aller getöteten Pkw-Insassen ohne Gurt

Besonders bedenklich an den vom BMI veröffentlichten Daten ist, dass 28 Prozent der getöteten Pkw-Insassen den Sicherheitsgurt nicht verwendet hatten. "Unbegreiflich, dass auch nach mehr als 40 Jahren Gurtpflicht in Österreich so viele Lenker und Mitfahrer mit ihrem Leben spielen", zeigt sich der Experte des Mobilitätsclubs verwundert. "Zwar bedeutet auch der Gurt keinen hundertprozentigen Schutz, kann aber im Zusammenspiel mit weiteren Sicherheitssystemen die Unfallfolgen deutlich mildern. Eine Vielzahl an Getöteten wäre dadurch vermeidbar gewesen." Zur Veranschaulichung: Bereits ein Aufprall mit der relativ niedrigen Geschwindigkeit von 30 km/h entspricht einem Sturz aus vier Metern Höhe im freien Fall. "Sich nicht anzuschnallen ist also keine Alternative", mahnt Nosé. "Das gilt natürlich auch für hinten im Pkw sitzende Personen, die nicht nur sich selbst, sondern auch Fahrer und Beifahrer gefährden."

Frontalkollisionen

Außerdem auffällig: Jeder zweite getötete Pkw-Insasse kam vergangenes Jahr bei einer Frontalkollision ums Leben. "Unachtsamkeit, riskante Überholmanöver oder nicht angepasste Geschwindigkeit waren dabei die häufigsten Unfallursachen", berichtet Nosé. Großes Potenzial, schwere Unfälle zu vermeiden, sieht der ÖAMTC-Experte in elektronischen Fahrerassistenzsystemen, die menschliches Fehlverhalten und Unachtsamkeit kompensieren können – darunter z.B. Notbremssysteme, Abstandsregelung, Spurhalteassistent und Toter-Winkel-Warner.

Eine weitere negative Auffälligkeit in der Bilanz des Vorjahres: Nahezu jeder vierte Verkehrstote war ein Fußgänger oder Radfahrender – 14 Prozent mehr als 2018. "Um dem entgegenzutreten, braucht es ein Bündel an Sicherheitsmaßnahmen", sagt Nosé. Dazu zählen etwa eigene Verkehrsflächen für Radfahrende, sichere Querungsmöglichkeiten für Fußgänger, aber auch die verstärkte Bewusstseinsbildung hinsichtlich der Gefahren von Ablenkungen, z.B. durch die Nutzung von Smartphones im Straßenverkehr. Das gilt sowohl für motorisierte als auch nicht motorisierte Verkehrsteilnehmer. "Generell ist festzuhalten: Menschen machen Fehler, deshalb sollten vor allem Straßenraum und Fahrzeugtechnik solche Fehler verzeihen können", so der ÖAMTC-Experte abschließend.

"Laut aktuellem Verkehrssicherheitsprogramm des BMVIT wurde für 2020 eine Halbierung der Anzahl der Verkehrstoten auf Basis der Jahre 2008 bis 2010 festgelegt. Das wären 2020 maximal 311 Verkehrstote – ein Wert, der aus aktueller Sicht nicht erreichbar scheint", hält Nosé fest. Denn der Trend zeigt, dass in den vergangenen Jahren die Zahl der Verkehrstoten nahezu stagniert – es bedarf also noch großer Anstrengungen, um die Situation deutlich zu verbessern. "Das betrifft unter anderem die verkehrstechnische Ausstattung sowie Maßnahmen beim Erhaltungszustand der Straßen und eine rasche Marktdurchdringung von neuesten Assistenzsystemen", ist der ÖAMTC-Experte überzeugt.