Es war ein Überfall, wie es ihn in dieser Form in Österreich zuvor noch nicht gegeben hat. Der Tatort: die Klosterkirche Maria Immaculata in Strebersdorf (Wien-Floridsdorf). Die Opfer: sechs Ordensbrüder im Alter zwischen 58 und 67 Jahren. Der Tatzeitpunkt: der Nachmittag des Unschuldige-Kinder-Tages unmittelbar nach Weihnachten.

Auch der Hergang war für einen Raubüberfall ungewöhnlich: Die Ordensbrüder wurden nicht nur im Pfarrhaus und in anderen Räumlichkeiten der Kirche überfallen und ausgeraubt – sie wurden gefesselt, stundenlang festgehalten, geschlagen, getreten und mehrere von ihnen schwer verletzt.

Seither ist fast ein Jahr vergangen, am 28. Dezember jährt sich der Tag der brutalen Tat. Ist man dem Täter, oder waren es doch zwei, inzwischen auf die Spur gekommen? Die Antwort lautet: leider nein. Die Kriminalisten der Wiener Polizei tappen weiterhin im Dunkeln – „es gibt derzeit keine neuen Informationen“, verlautet es aus der Pressestelle.

Phantombild des mutmaßlichen Täters
Phantombild des mutmaßlichen Täters © APA/LPD WIEN

Ein mehrfach veröffentlichtes Phantombild und sogar die Auslobung von 15.000, wenige Monate später 30.000 Euro für zweckdienliche Hinweise stießen kaum auf Resonanz bei der Bevölkerung. „Es kommen nur wenige Hinweise“, berichtete im Sommer ein Sprecher der Wiener Polizei. Damals ging man noch immer von einem „reinen Raubüberfall“ aus, da eine Faustfeuerwaffe und Werkzeug entwendet wurden. Beides wurde bei den Attacken auf die Opfer verwendet, erst danach verschwanden Geld und auch Wertgegenstände.

Spekulationen um Racheakt

Doch schon am Tag nach der aufsehenerregenden Tat waren Gerüchte über einen möglichen Racheakt aufgetaucht, denn einer der verletzten Ordensbrüder soll in einen Missbrauchsfall verwickelt gewesen sein. Die Schulbrüder von Strebersdorf sorgten schon vor dem Überfall für Schlagzeilen. Bei der von Waltraud Klasnic geleiteten Opferschutzkommission wurden 80 mutmaßliche Missbrauchsfälle aus Einrichtungen der Schulbrüder gemeldet. Die lange zurückliegenden, vorgeworfenen Straftaten reichen bis hin zur Vergewaltigung – und flossen nach dem Überfall auch in die Ermittlungen der Polizei ein, wie diese bestätigte.

Unter den Schulbrüdern herrscht zum Vorfall Schweigen. „Sie wollen nicht darüber reden“, muss ein Pressesprecher der Ordensgemeinschaften die Beantwortung der Anfrage, wie es den Opfern ein Jahr später geht, ablehnen.

So gibt der Überfall auf eine heimische Kirche wohl noch länger Rätsel auf.