Die ideologische Einstellung des wegen Mitgliedschaft in einerterroristischen Vereinigungzweifach vorbestraften Sergo P., der gemeinsam mit zwei Tschetschenen von seiner Zelle in der Justizanstalt Hirtenberg aus Terror-Anschläge geplant haben soll, ist schon 2016 vom Bewährungshilfe-Verein Neustart als "grenzwertig" eingestuft worden. Seine Gesinnung sei "als radikal zu bezeichnen", hieß es in einem Neustart-Bericht.

Neustart hatte seit Anfang Juni 2016 Kontakt zu dem Tschetschenen, als dieser auf seine bedingte Entlassung vorbereitet wurde. Sergo P. war im Oktober 2015 vom Wiener Landesgericht zu zwei Jahren unbedingter Haft verurteilt worden, weil er sich in Syrien der radikalislamistischen Terror-Organisation "Islamischer Staat" (IS) anschließen wollte. Unter Anrechnung der U-Haft wurde er nach Verbüßung von knapp zwei Dritteln der Strafe am 26. Juli 2016 bedingt entlassen - das Landesgericht orientierte sich dabei an einer gängigen und gesetzeskonformen Praxis, zumal P. Ersttäter und als junger Erwachsener straffällig geworden war.

Bewährungshilfe

Um sicherzustellen, dass der Mann während der dreijährigen Probezeit keine neuen Straftaten begeht, wurde Bewährungshilfe angeordnet, wobei das Betreuungsverhältnis schon ins Laufen kam, als P. noch in der JA Wien-Simmering untergebracht war. In der JA machte der Häftling aus seiner IS-Sympathie kein Geheimnis, wurde aber offensichtlich nicht als gefährlich betrachtet. Die Anstaltsleitung gab eine positive Prognose ab, ehe sich für den Tschetschenen die Gefängnistore öffneten.

Auf freiem Fuß hielt Sergo P. die Termine mit seinem Bewährungshelfer ein, die alle 14 Tage stattfanden. Diesem fiel zwar auf, dass der junge Mann eine rigide Richtung des Islam - er bezeichnete sich als Salafist - vertrat, in den Berichten an die Justiz wurde aber vermerkt, dass sich P. abgesehen davon zufriedenstellend verhalte und telefonisch grundsätzlich erreichbar sei, so dass es vorerst keinen Grund gab, die bedingte Entlassung zu widerrufen. Die Justiz konnte davon ausgehen, dass P. unter Kontrolle war, zumal auf Betreiben von Neustart auch der auf Extremismus-Prävention und Deradikalisierung spezialisierte Verein Derad beigezogen wurde, weil - wie Neustart vermerkte - P. "ideologisch verfestigt" sei.

Es kam dann auch zu mehreren Treffen zwischen einem Derad-Vertreter und Sergo P., neben ausführlichen Gesprächen wurde auch gemeinsam eine Moschee besucht. Erst im Juli 2017 wurde der Wiener Justiz gemeldet, dass P. seine Termine ohne Angabe von Gründen nicht mehr eingehalten habe.

Als Dschihadist nach Syrien

Der offenkundig nach wie vor radikalisierte Tschetschene hatte - wie sich dann herausstellte - bereits Wochen zuvor einen zweiten Versuch unternommen, sich als Dschihadist in Syrien dem IS anzuschließen. Mit einem gefälschten Pass wollte er per Flugzeug nach Istanbul reisen, um von dort aus die türkisch-syrische Grenze zu erreichen. Das falsche Dokument wurde am Flughafen Schwechat erkannt, der Islamist flog auf und kam neuerlich in Haft. Vom Landesgericht Korneuburg wurde er im Herbst 2017 wegen Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung verurteilt, dabei wurden ihm die offenen acht Monate aus der Vorverurteilung widerrufen.

Mittlerweile wurde der jetzt als Gefährder eingestufte 24-Jährige in ein Hochsicherheitsgefängnis verlegt, wo er seine Strafhaft - offizielles Haftende: 6. Juni 2021 - verbüßt. Mit der Staatsanwaltschaft Wiener Neustadt hat die nunmehr bereits dritte Anklagebehörde gegen ihn Terror-Ermittlungen aufgenommen, nachdem ein Mithäftling den Sicherheitsbehörden verraten hatte, dass der 24-Jährige vom Gefängnis aus seinen Ausbruch und eine anschließende Anschlag-Serie zwischen Weihnachten und dem Jahreswechsel 2019/2020 geplant haben soll.