Er könne sich an nichts erinnern - mit dieser Verantwortung ist ein 36-Jähriger am Freitag einem Schwurgericht gegenüber getreten, dem die Anklagebehörde einen Mord in einem Park in Wien-Landstraße zur Last legt. "Ich denke ständig darüber nach, was in der Nacht passiert ist. Ich weiß es nicht mehr", behauptete der Mann. Er habe in den Stunden zuvor Wodka getrunken und Cannabis geraucht.
Der Mann soll am 29. Juni 2019 einen Obdachlosen erschlagen haben, weil dieser ihn während eines Telefonats mit seiner Ehefrau angestänkert und als Homosexuellen bezeichnet haben soll. Das habe den aus einer besonders konservativen und religiösen Gegend stammenden Moldawier rot sehen lassen, führte Staatsanwalt Bernd Ziska aus. Der Mann, der im März nach Österreich gekommen war und sich als Hilfsarbeiter auf Baustellen verdingte, nachdem er zuvor in Russland und Polen am Bau gearbeitet hatte, versetzte dem 46-Jährigen zunächst vier bis fünf Faustschläge ins Gesicht. Als sich der zu Boden gestürzte Mann aufrappeln wollte, folgten weitere Faustschläge, ehe der Angeklagte zu einem einen Meter langen, faustdicken Ast griff.
Den Schädel eingeschlagen
Mit diesem schlug er dem 46-Jährigen laut Anklage den Schädel ein. Das Opfer hatte keine Überlebenschance. Der Mann starb am Tatort an einem offenen Bruch der Schädeldecke und ausgedehnten Hirnblutungen.
Um sich für die erlittene Beleidigung zu revanchieren, habe der 36-Jährige den Getöteten zur Gänze entkleidet und demütigende Handlungen an der Leiche vornehmen wollen, legte der Staatsanwalt dar. Von letzterem habe er dann aber Abstand genommen und die Leiche mit Zweigen, Gestrüpp und Laub bedeckt. Der Tote wurde am nächsten Morgen von einer Frau entdeckt, die mit ihrem Hund Gassi ging.
Der Angeklagte - Vater von drei Kindern - weist in seiner Heimat eine Vorstrafe wegen Vergewaltigung auf. Acht Stunden nach der inkriminierten Bluttat soll er in dem Zinshaus, in dem er gemeinsam mit zwei Arbeitskollegen in einer Wohnung lebte, in Missbrauchsabsicht über eine am frühen Morgen nach Hause kommende junge Frau hergefallen sein. Bei der Staatsanwaltschaft ist deswegen ein separates Ermittlungsverfahren wegen versuchter Vergewaltigung anhängig.
Einem psychiatrischen Gutachten zufolge weist der Angeklagte ein erhöhtes Gewaltpotenzial, eine höhere Erregbarkeit und eine mangelhafte Impulskontrolle auf. Der Sachverständigen Sigrun Rossmanith zufolge war er zum Tatzeitpunkt aber voll zurechnungsfähig. Bei der fachärztlichen Untersuchung hatte der 36-Jährige noch nicht an ausgedehnten Erinnerungslücken gelitten. Im Gespräch mit Rossmanith soll er vielmehr damit geprahlt haben, was er mit seinen Fäusten alles anrichten könne.
"Was fühlen Sie, wenn Sie an diesen Abend im Park zurückdenken?", wollte Verteidigerin Sonja Scheed von ihrem Mandanten abschließend wissen. - "Nichts. Ich habe keine Erinnerung." - "Glauben Sie, dass Sie etwas falsch gemacht haben?" - "Das mag sein." Seine Angaben bei der Polizei, wo er den Tathergang ausführlich geschildert hatte, erklärte der 36-Jährige damit, er habe "so ausgesagt, weil ich Angst gehabt habe, dass ich geschlagen werde".
Rasches Urteil
Der 36-jährige wurde wegen Mordes zu lebenslanger Haft verurteilt. Der anklagekonforme Schuldspruch der Geschworenen fiel einstimmig aus.
Das Urteil ist bereits rechtskräftig. Der gebürtige Moldawier akzeptierte die Entscheidung des Schwurgerichts.