Karl Beham legt seinen Arm um seine Rosa und blickt ihr tief in die Augen: „Na, ist das nicht ein Wunder? 75 Jahre verheiratet, und du hast noch immer so viel Geduld mit mir.“ „Muss ich bei dir ja haben“, sagt sie und lacht. 1944 haben die beiden 94-Jährigen den Bund der Ehe geschlossen – und sind seither unzertrennlich. Am 14. Dezember feiern sie ihre Kronjuwelenhochzeit.
Was ist das große Geheimnis einer langen, glücklichen Ehe? „Die Leidenschaft flieht – die Liebe muss bleiben“ zitieren beide gleichzeitig Franz Schillers „Die Glocke“. „Und die Liebe muss selbstverständlich auch täglich gepflegt werden“, fügt Karl Beham hinzu. Wichtig sei, sich füreinander Zeit zu nehmen, nach Streitereien nicht gleich aufzugeben und gemeinsame Hobbies zu pflegen. Wandern, Tanzen und Schwimmen, das waren die großen Leidenschaften der beiden 94-Jährigen. „Dann wächst man nicht nur zusammen, sondern wird auch 94 Jahre als“, sagt Karl Beham.
Vom Spaziergang/Heim- zum Lebensweg
Ihren Anfang nahm die Liebe der beiden in der Tanzschule Horn. „Die Dame, mit der man den letzten Tanz hatte, bringt man nachher auch nach Hause. Das hat uns der Tanzlehrer immer gesagt“, sagt Karl Beham. Und der damals 17-Jährige tat, wie ihm geheißen. Von der Linzer Betlehemstraße in die Berggasse am Pöstlingberg. Das Tanzpaar hatte beim abendlichen Spaziergang viel Zeit, um sich besser kennenzulernen. „Und nachdem er sich nicht getraut hat, habe ich ihn beim zweiten oder dritten Mal Heimgehen einfach geschnappt und abgebusselt“, sagt Rosa Beham und grinst verschmitzt.
Wer wem den Antrag gemacht hat, daran können sich die beiden nicht mehr erinnern. „Ich würd ja sagen, dass du’s warst. Du bist eh ein flottes Dirndl und warst mir immer schon haushoch überlegen“, sagt Karl. Seine Frau sagt nichts, und lacht.
Eine Hochzeit ohne Männer
Kurze Zeit später war mit Inge bereits das erste Kind unterwegs. Zeit für ein idyllisches Familienleben blieb nicht. Mit 18 Jahren musste Karl Beham in den Krieg ziehen. Während er an der Front in Weißrussland kämpfte, blieb seine Rosa mit dem gemeinsamen Kind in Österreich zurück. „Ich war zwar weit weg, aber in Gedanken immer bei meinen beiden Mädeln“, sagt Karl. Mit Müh und Not bekam er zwei Wochen Urlaub von der Front bewilligt: sogenannten „Heiratsurlaub“.
In der Urfahraner Stadtpfarrkirche läuteten dann am 14. Dezember 1944 schließlich die Hochzeitsglocken. Allerdings waren die Verhältnisse gegen Kriegsende alles andere als feierlich. Zu der kleinen Feier waren fast nur Frauen gekommen – die Männer waren alle eingerückt. Bezahlt wurde im Gasthaus mit Lebensmittelmarken.
Auch dieses Mal währte die Freude nicht lange. Karl Beham musste wieder zurück an die Front. Ein Jahr später wurde er schwer verwundet und lag im Lazarett im deutschen Heidelberg. Erst 1946 konnte er zurück zu seiner Frau und Tochter.
Der Vater vom Foto
„Vor dem Bettgehen habe ich zu meiner kleinen Inge immer gesagt: Komm, gib dem Papa noch ein Bussi. Und sie lief zum Bild vom Papa und hat dem Foto einen Schmatzer aufgedrückt“, sagt Rosa Beham. „Als der Papa dann plötzlich in der Tür stand, habe ich ihr wieder gesagt: Komm, gib dem Papa doch ein Bussi.“ Doch die Dreijährige lief nicht zu der Person, die im Türstock stand, sondern zur Fotografie. Und gab ihr ein Bussi.
In den Folgejahren sollten noch zwei weitere Kinder folgen. Ulrike und Ilse erblickten das Licht der Welt und machten das Familienglück komplett.
Gemeinsam rund um die Welt
Karl und Rosa Beham genossen die neugewonnene Zeit in vollen Zügen. In den Folgejahren reisten sie mit ihrem Campingbus um die ganze Welt. „Damals war das Ganze noch viel unkomplizierter. Heute würden wir uns das nicht mehr trauen“, sagt Karl. „Immerhin sind wir mit unserem Englisch gut über die Runden gekommen.“ Neben Erinnerungen und Erlebnissen haben die beiden auch eine Vielzahl an Souvenirs von ihren Reisen mitgebracht. Orientalische Teppiche, Vasen und Bilder schmücken die Räume und sind der ganze Stolz der beiden Weltreisenden.
„Ich bin ja so froh, dass wir immer noch beisammen sind. Wir waren 75 Jahre lang unzertrennlich und werden es auch in Zukunft sein“, sagt Rosa und lehnt sich mit feuchten Augen an ihren Mann an.
Michael Schäfl